Es schien eine nette Anekdote für das Sommerloch zu sein: Der russische Präsident Putin überraschte die Öffentlichkeit mit Fotos seiner gestählten Brust. Verhalten und belustigt kommentierte der Spiegel “Russland staunt über Oben-ohne-Putin“. Doch die Bilder strahlten mehr aus als den unbeholfenen Versuch, durch Symbolisierung körperlicher Stärke zu beeindrucken. Sie erinnerten an etwas. Man wusste nicht an, aber eine Erinnerung war da. Déjà-vu.
Eine Bildbesprechung durch den Kunsthistoriker Steffan Burkhardt in der Zeitschrift Cicero klärt auf:
Es ist eine frappierende Ähnlichkeit und Symmetrie des Motivs zu Nikolai Denisovs “Soldat mit Waffe” (1995) feststellbar. Sozialistischer Realismus nach Lehrbuch, vorsichtig übertragen: Hut-Helm, Militärhose-Uniform, Angel-Gewehr. Es mag übertrieben klingen, aber nichtzuletzt durch die hinter der Sonnenbrille verborgenen Augen wirkt Putin als “martialischer Athlet und Kämpfer” (Burkhardt). Dabei bietet das Foto weitere Ansatzpunkte für eine Analyse: Das Kreuz der Orthodoxen Kirche auf der Brust, die zeitlich Grenzen setzende Armbanduhr… Burkhardt zeigt, dass es sich bei Putins Pose um weitaus mehr handelt, als einen zufälligen Urlaubs-Schnappschnuss: “Die gesamte Bildkomposition ist eine Botschaft an die konspirativen, kommunistischen Kräfte in Moskau, die gegen Putin intrigieren“.
Klare Worte. Und ein wenig ärgert man sich, dass andere Magazine/Zeitungen kaum mehr als eine Posse daraus gemacht haben.”Oben-ohne-Putin”… war es doch die Bild?
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