Eine befremdliche Sommerloch-Posse bereitet derzeit das Erdhörnchen. Im Abstand von mehreren Stunden konnte man auf Spiegel.de, Netzeitung.de, Sueddeutsche.de und Welt.de die selbe mehr oder wenige belanglose dpa-Nachricht zentral platziert und für das jeweilige Portal umgeschrieben finden:
Sueddeutsche: Erdhörnchen: Heißer Schwanz vertreibt Schlangen
Spiegel: Erdhörnchen: Strahlender Schwanz vertreibt Schlangen
Netzeitung: Erdhörnchen wehren sich mit heißem Schwanz
Welt: Heizbarer Schwanz schützt Erdhörnchen vor Schlangen
Allein Thema und Titel erscheinen dabei sicher grotesk, doch wenn man überlegt, wie viel redaktionelle Arbeitszeit in das Kopieren und Umschreiben derselben Randnotiz gesteckt wird, erscheinen das Erdhörnchen und das Sommerloch als traurige Maschine zur Vernichtung “intellektueller” Arbeitszeit, dabei klagt man doch gerade in Redaktionen über ständige Überlastung.
Es fragt sich, ob der Anspruch an die “totale” Berichterstattung mit gleichzeitiger Forderung nach “individuellen” Texten nicht aufgegeben werden sollte und man sich stattdessen durch bessere Berichterstattung wieder voneinander abgrenzen kann und muss. Es scheint kein Wunder zu sein, dass Seiten wie news.google.de dementsprechend konsequent nur noch automatisiert die eh von den selben Quellen abgeschriebenen Artikel sucht, sortiert und als eigenes Nachrichtenportal anbietet. In der Endfassung sollte man vielleicht auch nur noch Maschinen diesen, um sich mal aus dem Fenster zu lehnen, Bodensatz zu lesen geben.
Immerhin hat die Sueddeutsche das Rennen der vier um das schnellste Kopieren/Umschreiben gewonnen. Doch keinem wollte es so recht gelingen, durch eine einfache Recherche darauf zu stoßen, dass diese Nachricht bereits 2004 – vor über drei Jahren – veröffentlicht wurde:
wissenschaft.de: Heiße Signale von Erdhörnchenschwänzen
Nun, eine derart angepasste Nachricht, eine eigenständige Recherche, hätte wohl gegen das Gebot verstoßen, Praktikanten in Redaktionen nur mit dem Einstellen von Tickermeldungen zu beschäftigen.