Wenn es spießig ist, sich über Post – Briefe und Karten – zu freuen, sei hiermit zutiefste Spießigkeit an den Tag gelegt und unterstrichen. Wahrscheinlich nerve ich alle mit meinen Schreiben, die im Verhältnis von vielleicht fünf zu eins Antworten produzieren. Zunehmender Beliebtheit erfreut sich dabei die Postkarte, die jedoch eine besondere Stellung einnimmt.
Die Postkarte ist sicher das mit Abstand hässlichste, was man dem Briefträger anvertrauen kann. Irgendwie wirkt es immer peinlich, ein Motiv auszuwählen und sich in aller Blöße bzw. Offenheit zu äußern. Wer wohl mitliest? Wähle ich eine Stadtansicht? Eine Person? Etwas “Lustiges”? Goethe in Weimar, Mainzelmännchen aus Mainz und Meer von der Ostsee – alles schon verschickt und ebensolche Antworten erhalten.
Doch viel spannender als das Motiv ist der immergleiche Inhalt der Karte, der sich wohl ungefähr so als Musterkarte formulieren lässt:
“Hallo xyz / Liebe(r) xzy,
sitze gerade an einem Ort und mache dies und jenes. Das Wetter ist so und so und das und heute machen wir noch das oder das. Hier ist es wirklich so und so und ich würde noch gern länger bleiben (freue mich schon auf die Heimreise).
Liebe Grüße,
abc.”
Vorhersagbar schön und schön vorhersagbar. Aber man freut sich doch. Und die Karte muss ja auch an den Kühlschrank, die Pinnwand oder einem ähnlichen öffentlichen Ort angebracht werden, um ausgerechnet mit dem Motiv zu strahlen. Aber man freut sich doch. Vielleicht gibt man auch ein wenig an. Ich habe Post. (Du nicht).
Es sei noch darauf hingewiesen, dass der Musterbrief bzw. das Muster eigentlich eine Erfindung der Textilverarbeitung ist. Doch dazu ein anderes Mal mehr.