Ganz unbemerkt und dennoch spürbar bahnt sich ein aktueller Diskurs um die vermeintliche Ersetzung von Medien an. Als Opfer dieser Tendenz wird häufig das klassische Telefonat ausgemacht, wie gerade in einer Studie nachgewiesen werden sollte. Es lässt sich wohl gar innerhalb der Benutzungsgewohnheiten von Skype als Chat- statt Telefonieprogramm eine zunehmende Ersetzung des Gesprächs ablesen, wie man in skype, twitter and the unused phone überlegt. Das unbenutzte Telefon, bedroht durch die bereits totgesagte E-Mail und der Video-Tod des Weblogs – irgend etwas scheint an diesen teils rekursiven Ersetzungsphantasmen nicht zu stimmen.
Zuerst wäre da der Einwand, dass die Presse (eigentlich Telegraphie) das Buch nicht abgeschafft hat, wie auch das Fernsehen die Gutenberg-Galaxis nicht ad absurdum führte. Zwar klingt es dramatisch, den Tod eines Mediums vorauszusagen, doch wann sieht man schon eines sterben? BTX wäre eins, klassische Fernschreiber (oder?) – technische Medien, die an eine sehr spezifische Art von Geräten gebunden sind. Doch Telefonie ist ein so weiter Begriff und Telefone sind durch ihre funktionale Diversifizierung nicht mehr nur Telefone, dass ein Medientod weitaus unwahrscheinlicher erscheint. Noch unbedrohter scheinen die Medien zu sein, die rein auf Software-Basis implementiert werden könnenund durch eine Offenheit der Quelltexte ein gewisses Eigenleben an den Tag legen. Ja, es gibt noch Gopher-Dienste und irgendwie ist das WWW ja auch Gopher. Ein wenig.
Hinzu kommt die Tatsache, dass die eigentliche Aussage hinter den Totsagungen wohl vielmehr die Hoffnung auf eine mediale Klarheit steckt, die eine stete mediale Diversifizierung scheut. Wir telefonieren, schreiben Briefe, senden SMS, schicken E-Mails, chatten über Instanz Messenger, manchmal auch im IRC, benutzen das Fax für geschäftliche Angelegenheiten, teilen uns über twitter.com oder texteln.de (das jetzt bedauernswerter Weise niimo.de heißt) mit, reden ins Leere über Weblogs und überhaupt. Da gab es Zeiten, in denen man für das Versenden eines Privat-Briefes mit dem Tode bestraft wurde, also unterließ man es. Ein bisschen retrospektive Romantik darf da doch sein.
Auch wenn zugegeben einzelne Medien einen Todes-gleichen Rückgang erfahren, handelt es sich bei diesen doch in der Regel um wirklich tradierte technische Medien wie Telegramm und BTX, die eine sichtbare Phase des Ablebens hinter sich haben. Der aktuelle Trend des Tod-Sagens so verbreiteter Medien wie der E-Mail oder des Telefonats entpuppt sich vielmehr als verzweifelter Versuch der Komplexitätsreduzierung in der eigenen kommunikationen Umwelt. Dieser Komplexität wird man nur durch das bewusste Auswählen und Abschalten einzelner technischer Medien entgegentreten können – die Hoffnung auf den Tod des einen oder anderen ist da umsonst.