Leitmedium

Es gibt kein analoges Leben im digitalen.

Caspar C. Mierau arbeitet als technischer Berater und denkt als Medienwissenschaftler, der zur Computergeschichte promoviert, über die Geschichte und Gegenwart von Technologie nach. Er schreibt und podcastet an der Schnittstelle von Praxis und Theorie, Technik und Kultur. Notiert kurze Gedanken auf Mastodon. Hat "Leitmedium" ganz offiziell als Künstlername im Ausweis stehen.

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Email für Dich ohne wenn aber mit aber.

26. Juli 2007 by leitmedium

In einem Anfall jugendlichem Masochismus nun also “Em@il für Dich” gesehen. Man könnte einleitend anmerken, dass der Titel einen Rechtschreibfehler aufweist, da E-Mail leider offiziell umständlich “E-Mail” geschrieben wird, wobei die Umständlichkeit sicher der zweifachen Schreibweise von Emaille – also eben auch Email – zu verdanken ist und damit nicht gänzlich unberechtigt erscheint. Doch darüber, wie auch die bemühte Titelwahl bzw. üblich schlechte Übersetzung, soll es nicht gehen. Auch nicht darüber, dass der Film eben ein durchschnittlich langweiliger Hollywood-Streifen ist und den ein oder anderen Journalisten dazu anregt, über die neuen Kommunikationsformen nachzudenken, obwohl das Internet im Film nur noch “Mittel zum Zweck” ist. Ja, alle Kritik am Film sei dahingestellt.
Doch hat jemand einmal den Medienkampf im Film genauer betrachtet? Da ist “Sie” – Inhaberin des Buchgeschäfts “Um die Ecke”, bedroht von ihm mit der Buchkette “Fox Books”. Sie ist liiert mit einem Journalisten, der gern Heidegger und Foucault zitiert, das Radio als einzig ehrliches Medium deklariert und Sie letztlich für eine Talkshowqueen verlässt. Er schlägt sich durch mit einer Verlagsdirektorin, die Ihr später eine Stelle als Lektorin anbietet. Dazwischen das erwartbare Geküngel (gibt es dieses Wort?) aus etwas krampfhaft romantischen E-Mails (richtig geschrieben!) und Chats. Dazwischen falsch gekürzte Interviews, unseriöse Zeitungsartikel – einzig das Telefon vermisst man. Ja! Einer der wenigen ganz ohne Telefon – oder?
Nun, ohne den Film zu irgend etwas zu stilisieren oder den Autoren Tiefgang zu unterstellen, vielleicht ist da ja doch etwas unterlaufen, passiert, was einen Blick Wert ist. Und das ist weder die E-Mail-Geschichte, noch der eingespielte Kampf des Kapitalismus, sondern die Wahl der Mittel.

(Irgendwie scheint E-Mail ja auch schon wirklich peinlich alt zu sein. Jugendliche zumindest behaupten dies (oder man über sie) und immerhin neunzig Prozent der 55jährigen benutzen sie. Obwohl sich fragt, was das besondere an diesem Alter ist – bei 70jährigen hätte es vielleicht ein Staunen verursacht.)

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