Letztens bekam fraumierau eine E-Mail, die mich aufhorchen ließ: Ein Werbekunde schrieb BloggerInnen, mit denen es Kooperationen gab, in einer Rundmail an und warnte davor, dass ein Blog von einem Konkurrenzunternehmen wegen nicht ordentlich gekennzeichneter Werbung abgemahnt wurde. Auf so eine Nachricht warte ich eigentlich schon länger, denn die Diskussion über Werbung kennzeichnen ja/nein/wieso zieht sich träge dahin und wenn man eine klare „Kennzeichnen!“-Meinung vertritt, schlägt es einem oft Ausflüchte und „vielleicht ist es ja nicht nötig“ und irgendwelche zusammengegoogelten juristischen Halbfakten entgegen. Ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass ein Konkurrenzunternehmen eines Werbekunden eine Abmahnung schickt, doch es macht Sinn, da es sich durch diese Art der Werbung im Wettbewerb benachteiligt sieht.
In der Mail, die ich hier anonymisiert wiedergebe, heißt es:
Leider wurde eine Bloggerin letzte Woche von einem unserer Wettbewerber für ihren Blogbeitrag […] abgemahnt, da dieser nicht ausreichend als Sponsored Post gekennzeichnet gewesen sei. Wir möchten daher das Risiko für Euch so gering wie möglich halten und Euch darüber informieren, wie Ihr eure Beiträge nachträglich absichern könnt, damit hier keine Probleme entstehen:
Wichtig ist, dass Eure Leser nicht in die Irre geführt werden in dem verschwiegen wird oder nur ganz am Rande und nicht direkt sichtbar darauf hingewiesen wird, dass es eine Kooperation mit uns gab. Das erfordert, dass sichtbar am Anfang der Seite z.B. direkt in den ersten 2 Sätzen des Textes oder als Markierung oberhalb des Textes darauf hingewiesen wird, dass es eine Kooperation mit uns gibt.
Sollte der Beitrag Eure persönliche Meinung widerspiegeln, könnt Ihr beispielsweise in der Einleitung schreiben, wenn ihr ein Produkt erhalten habt:
„Ich berichte euch heute von …. . Zur Transparenz für euch: […] hat mir in dem Kontext auch Produkt XYZ kostenlos zur Verfügung gestellt, aber ihr könnt euch sicher sein, dass ihr hier trotzdem meine unabhängige, persönliche Meinung findet.“
oder im Falle einer Vergütung:
„[…] hat mich um einen Blogbeitrag zum Thema … gebeten. Insofern handelt es sich um einen vergüteten, d.h. Sponsored Post in Kooperation mit […], aber er umfasst natürlich dennoch meine persönliche Meinung.“
Alternativ könnt ihr den Beitrag auch mit „Sponsored Post“ oder „Werbliche Sonderveröffentlichung“ überschreiben/markieren. Zur Reduktion, dass doch irgendein Leser die Kooperation nicht erkennt, würdet Ihr am besten sogar beides machen: Beitrag deklarieren und im einleitenden Text auf den Umstand hinweisen.
Wichtig ist jedenfalls, dass die Darstellung sicherstellt, dass ein Leser es unmittelbar erkennen kann. Graue Schrift auf weißem Hintergrund, extrem kleine Schriftart oder am Ende des Beitrags sind insofern nicht ausreichend.
Diese Mail ist natürlich keine Rechtsberatung und auch ich bin kein Jurist und kann daher keine verbindliche Aussage dazu machen, wann ein Post ein Werbepost ist und wie er genau gekennzeichnet werden muss. Und eigentlich, so scheint es mir, kann das niemand so 100%ig. Es gibt Rechtsbereiche, die in Gesetzen schwammig formuliert sind und wo es noch nicht genügend Urteile gibt, als dass man genauer sagen könnte, was nun falsch und richtig ist. Aber es ist noch komplizierter: Viele machen den Fehler und denken, es gäbe überhaupt eine klare falsch-richtig-Unterscheidung. So funktionieren Gerichte und RichterInnen im Zweifelsfall aber nicht. Sie haben Entscheidungs- und Interpretationsspielräume. Was das eine Gericht für rechtmäßig hält, kann das andere als Regelverstoß werten. Wer sich den Stress von Anwaltsschreiben sparen möchte, sollte sich überlegen, im Zweifelsfall defensiv vorzugehen und lieber zu viel als zu wenig deklarieren.
Und dann ist da noch die Verpflichtung gegenüber den LeserInnen: Es gehört schlicht zum guten Ton, klarzustellen, ob man direkt von einem Post profitiert und finanziell oder mit anderen Gegenleistungen unterstützt wurde oder nicht. Viele BloggerInnen vermeiden es tunlichst, hierauf hinzuweisen. Oft scheint es so, dass sie es als unangenehm empfinden, Werbung zu machen. Aber so ist es nunmal: Es ist ein Geschäftsmodell und statt es zu verstecken, sollte man offen damit umgehen und somit indirekt auch klar machen, welche Inhalte keine Werbung sind. Bei manchen Blogs würde ich ja einfach etwas wie “Dauerwerbesendung” drüber schreiben (erinnert Ihr Euch an “Glücksrad”?) und auch das ist keine abwertende Kritik, sondern trägt dem Fakt Rechnung, dass es eben Blogs gibt, die hauptsächlich Produkte featuren in einem heimeligen Umfeld.
BloggerInnen, die Werbung ordentlich markieren, stehen oft vor der paradoxen Situation, dass sie von der Leserschaft angemault werden, weil Werbung ja blöd sei, während BloggerInnen, die versteckt werben, diese Kritik oft mangels Kenntnis eben nicht abbekommen. Das ist nicht nur unfair unter BloggerInnen, sondern, das sollte auch noch einmal mal klargestellt werden, eventuell ein weiterer Abmahngrund – von Blog zu Blog. Wenn BloggerIn a sich dadurch im Wettbewerb benachteiligt fühlt, dass BloggerIn b die Werbung nicht kennzeichnet, könnte eine Abmahnung durchaus verschickt werden.
Übrigens: Ich ärgere mich in Zeitungen tierisch, wenn ich eine Beilage lese, die aussieht wie ein offiziell redaktioneller Teil und ich irgendwann merke, dass es eine mehrseitige Anzeige ist – durch einen winzigen Hinweis oben am Rand. Machen wir es doch einfach besser, hmm?
Bild-Nachweis: »Werbung!« von Flickr-Nutzer Stephan Mosel, lizensiert unter CC-BY (nachbearbeitet).
Ihr könnt diesem Blog übrigens auf Facebook folgen oder dem Autor auf Twitter.
Eines vorweg: Werbung gehört grundsätzlich gekennzeichnet. Trotzdem irritiert mich dieser Fall und führt mich zur paradoxen Annahme, dass man rechtlich am besten geschützt ist, wenn man Werbung überhaupt nicht kennzeichnet. Wieso?
Es gibt drei mögliche Situation. Erstens, man kennzeichnet Werbung korrekt und gesetzteskonform. Dann ist alles bestens.
Zweitens, man kennzeichnet Werbung, aber begeht dabei juristische Fehler. Da – wie du richtig schreibst – die Situation etwas schwammig ist, passiert das sehr schnell. Das von dir empfohlene “Sponsored Post” zum Beispiel soll ja auch nicht rechtsicher sein und es ist deswegen nicht auszuschliessen, dass man dafür ebenfalls eine Abmahnung kassiert. Ich nehme an, dass so etwas auch im vorliegenden Fall geschehen ist.
Drittens, man kennzeichnet Werbung überhaupt nicht. Wie gesagt, das ist moralisch nicht okay, aber es ist rechtlich die beste Variante. Denn anders als im Fall zwei ist es kaum je möglich, hier den Tatbestand zu beweisen. Ob ich nun auf Leitmedium verlinke, weil mir die Texte so gefallen oder mir die Seite Geld bezahlt hat, lässt sich nur beweisen, wenn irgendwo der Emailverkehr auftaucht oder jemand in die Buchhaltung reinschaut. Für beides bräuchte es einen Hausdurchsuchungsbefehl, den kein Gericht wegen so einer Lapalie je anordnen wird.
Das Abmahnwesen hat schon viel kaputt gemacht und gehört dringend abgeschafft, um in Deutschland endlich wieder etwas mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Derzeit ist es leider am sichersten, auf eine Kennzeichnung ganz zu verzichten.
Falls ich mich irre, lasse ich mich aber gern von dir korrigieren.
Das Verstecken durch Nicht-Kennzeichnen funktioniert in vielen Fällen nicht, da den konkurrierenden Unternehmen durchaus bewusst ist, wer gerade welche Kampagne fährt. In diesem Fall geht es um zwei Unternehmen, die im gleichen Markt unterwegs sind und gleiche Dinge herstellen, die mehrere hundert, wenn nicht über tausend Euro kosten. Da ist das mit glaubhaft versichern, es sei keine Werbung keine Option und führt ggfls. zu noch drastischeren Strafen.
“Sponsored Post” habe übrigens nicht ich vorgeschlagen, sondern stammt aus der E-Mail. Ich halte die Bezeichnung auch nicht für besonders geeignet.
Ich bin zwar kein Jurist und kenne den vorliegenden Fall nicht. Aber ich denke, dass es für eine Strafe schon etwas mehr braucht als eine wilde Vermutung. Sonst kann ja jeder kommen und mit falschen Beschuldigungen die Konkurrenz ausschalten. Unser Rechtsystem ist sehr fragwürdig, aber so weit sind wir auch noch nicht.
Sagen wir, dass es um den Markt von SLR-Kameras geht. Wie will Nikon da beweisen, dass Canon mich bezahlt hat? Mag sein, dass Canon gerade eine Kampagne fährt. Aber erstens ist es nicht abwägig, dass mich gerade die Kampagne zum Schreiben/Testen animiert hat. Zweitens würde ich als Kamerablogger wie neue Canon auch vorstellen müssen, wenn da nichts gesponsert wird. Das gilt natürlich auch für Kuchenformen und Bademode.
Daher würde ich sage: Das Verstecken durch Nicht-Kennzeichnung mag in seltenen Fällen nicht funktionieren. Im grossen Teil der Fälle fährt man aber besser.
Naja…wenn 10 oder 20 Blogger zur selben Zeit über das selbe Unternehmen oder denselben Produkt schreiben, dann handelt es sich mehr als sicher um Werbung. Meine Meinung.
Leider bestehen viele Furmen darauf, die Kooperation nicht als Werbung zu kennzeichen. Ich lehne dann immer freundlich ab aber es gibt viele BlogerInnen die das nicht tun.
“sponsored” als Kennzeichnung ist sowieso nicht erlaubt:
https://www.ra-plutte.de/schleichwerbung-sponsored-hinweis-reicht-nicht-aus/
Hi Caspar, nach dem Bloggen muss ich jetzt mal hier kommentieren. Danke für die guten Gedanken, die du auf den Punkt gebracht hast. Schleichwerbung schadet sowohl LeserInnen als auch den ehrlichen BloggerInnen. Die Diskussion über die “richtige” Kennzeichnung ist schon so alt – von Unwissenheit kann nicht mehr gesprochen werden. Viele Grüße, Kato
Dank auch für Deinen Artikel. Ich fand auch den vorherigen mit der Werbeanalyse sehr spannend!
Es geht nicht nur um „dazu stehen“ oder nicht, sondern darum, ZU WAS man zu stehen gezwungen werden soll.
Ein Blockpost, der vom ersten bis zum letzten Buchstaben die eigene Meinung wiedergibt oder – derzeit viel häufiger – ein gut recherchierter Sachartikel zu Thema XY ist („nützlicher Content“) – der ist doch nicht sinnvoll ZUR GÄNZE mit „Werbung“ oder gar „Anzeige“ beschrieben, bloß weil da auch noch irgendwo zu Quelle X verlinkt wird.
Das Problem der Kennzeichnung, wenn Geld geflossen ist, liegt also in der einzig rechtssicheren Formulierung „Anzeige“ oder „Werbung“. Bezahlt wird ja meist nur für den Link, wie der in einen Artikel kommt und was für ein Artikel das wird, ist vielen komplett egal. Hauptsache, das Themenumfeld stimmt.
In diesen Fällen treffen die „weicheren“ Formulierungen sehr viel mehr den Punkt als die „rechtssicheren“ Varianten, die etwas als Werbung bezeichnet, was zu 99% gar keine ist – sonder nur in einem Satz eine enthält (sofern man einen Link zu einer kommerziellen Seite ohne weitere Belobigungen überhaupt als „Werbung“ ansehen kann – auch das ist ja nicht selbstverständlich).
Na ja, wenn der Artikel komplett unabhängig ist, kannst du ja den Werbehinweis vor dem Link setzen. So als wäre er ein Werbebanner etc. Wenn jedoch das Produkt (wohlwollend) im Vordergrund steht, müsste aus meiner Sicht trotzdem der gesamte Beitrag als Werbung gekennzeichnet sein.
Man darf auch eine Abmahnung nicht überbewerten. Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist ein Mechanismus, um wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten vorgerichtlich beizulegen. Man sollte also eine Abmahnung nur dann akzeptieren und die damit verbundenene, strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben, wenn man tatsächlich einen Fehler gemacht hat. Ansonsten ist eine Abmahnung nur ein Verhandlungsangebot. Geht man darauf nicht ein, kann ein Abmahner einen auch verklagen. Muss er aber nicht. Und es ist auch nicht gesagt, dass eine Klage zwingend Erfolg hätte. Eine Abmahnung ist schnell geschrieben und verspricht dem Anwalt, der sie schreibt, schnelles Geld. Ein Rechtsstreit ist da schon viel aufwendiger – und für den, der ihn anstrengt auch riskanter.
Natürlich gilt: Abmahnungen immer mit seinem Anwalt besprechen.