Als Mann von @fraumierau, als der ich gelegentlich bezeichnet werde, fragt man mich öfter, ob ich nicht ein Vater-Blog schreiben will. Ich tue mich damit sehr schwer. Auf vierpluseins schreibe ich ein paar Anekdoten zur Schwangerschaft auf, aber ansonsten halte ich mich zurück. Warum? Nun, da muss ich weiter ausholen.
In der öffentlichen Wahrnehmung wird seit einigen Jahren immer wieder ein Bild der „neuen Väter“ propagiert. Väter nehmen jetzt auch mal Elternzeit, schieben den Kinderwagen und gehen zu Geburtsvorbereitungskursen. Mir ist das als Vater von mehreren Kindern leider alles ein wenig peinlich. Nicht die Elternzeit, der Kinderwagen (ich habe ein Tragetuch genommen) und der Geburtsvorbereitungskurs, sondern die Lobhudeleien auf Väter.
Eigentlich stört mich mittlerweile schon allein das Wort Vater. Ich halte die Unterscheidung Vater/Mutter im Sprachgebrauch oft für ablenkend. So versuche ich, Blogs von Müttern nicht als „Mütterblogs“, sondern als „Elternblogs“ zu bezeichnen. Einfach nur aus dem Moment heraus, das Thema auf Elternschaft und nicht Mutterschaft zu lenken. Das verhindert auch, dass einige Blogs von Vätern dann zum Beispiel nichtim „Brigitte Mom“ Ranking geführt werden müssten (hihi).
Mein Anspruch an mich als Vater ist es, einfach ein „Elter“ zu sein. Ich bin für meine Kinder da und tue Dinge, die ich gut kann und andere nicht – oder überwinde mich dazu, wenn nötig. Ich bin kein tolles Vorbild und auch keine ehrenhafte Figur, sondern habe einfach die verdammte Verpflichtung, mich um meine Kinder zu kümmern. Wenn das früher gesellschaftlich nicht so war: So what?! Es ist keine Ausrede sich mit „früher“ herauszureden, um sich selbst dann zu feiern.
Was mache ich gern mit meinen Kindern und für sie? Ich singe gern, manchmal auf schwierige Lieder („Maria durch den Dornwald ging“ ist sehr beliebt, treibt mich aber an meine Grenzen). Wir kaufen kaum noch Brot oder Brötchen, weil ich sie komplett selbst backe. Ich koche gern am Wochenende und bereite täglich das Frühstück zu. Sind das eigentlich weibliche Tätigkeiten? Nein. Es sind Dinge, die ich mache. Dann gibt es da die angeblich männlichen Tätigkeiten: Kinder zu etwas rausfordern, Grenzen überschreiben, mit Technik rumbasteln. Manches davon tue ich, anderes nicht. Es liegt nicht an mir als Vater, sondern an mir als Person. Manche Grenzen überschreite ich gern mit meinen Kindern, bei anderen ist @fraumierau diejenige, die herausfordert. Es liegt an uns als Menschen, nicht an unseren Rollen.
Doch diese Rollen sind natürlich als Schatten der Vergangenheit da. Ich halte es für falsch, sie immer wieder herauszuarbeiten und Großartiges zu feiern, wenn ein Vater mal ein paar Monate Elternzeit nimmt.
Der Anlass für diesen Artikel – ich habe ihn extra ans Ende geschoben – ist ein unsäglicher Artikel im Spiegel, der mal wieder alle Klischees bedient und Väter und Mütter in einer Art Wettstreit gegeneinander antreten lässt. „Lasst die Väter ran!“ heißt es da im Titel und ich denke dann schon „Ja, kümmert Euch halt um Eure Kinder, meine Güte!“. Aber »Überraschend oft« sind es angeblich »die Mütter, die sie daran hindern.«. Och, die armen Väter. Lustigerweise schreibt der Artikel den Vätern eine klischeehafte Männerrolle zu (mutig, stark, usw.), aber sich mal um ihre Kinder kümmern können sie angeblich nicht, weil Mütter sie daran hindern würden.
Und gleich im nächsten Absatz dann »Was ist ein guter Vater? “Ich weiß es nicht”, sagt Alexander Herbst. “Was ich aber weiß, ist, dass ich keine zweite Mutter sein will.“« – das ist eigentlich die Stelle, wo ich schon raus bin. Was ist das für eine Dichotomie? Ich kann es nicht nachvollziehen und halte auch die zitierten wissenschaftlichen Ergebnisse für fragwürdig. Sicher stellen sie Unterschiede zwischen Männern und Frauen fest, aber sie vergessen zu fragen, warum diese Unterschiede da sind, wie sie sich aufweichen und ob es nicht zum Beispiel eher bestimmte Rollen in der Elternschaft gibt, die aber nicht am Geschlecht hängen. Tröstende Eltern, mutige Eltern.
Eltern sein ist ein Baukasten. Es gibt so viele Dinge, die man als Eltern tun kann und muss, dass man sich am besten das raussucht, was man gut kann und das, was eben getan werden muss. Solange nicht bestimmte elterliche Körperfunktionen involviert sind (Stillen, Gebären) sind es kulturelle Rollenzuschreibungen, die auch durch solche Artikel und Studien nur weiter befördert werden und zugleich die Erziehungsarbeit vieler Mütter marginalisieren (ist ja normal, sind ja Mütter, machen die doch eh), um Väter aufs Podest zu heben.
In diesem Sinne:
Väter: Seid einfach Eltern.
Ende der Durchsage.
Mehr zum Thema Eltern sein schreibe ich auf vier plus eins.
p.s.: Auch die sehr geschätzte Patricia Cammarata hat etwas zum Thema geschrieben: »Sind die „neuen Mütter“ die besseren Väter?. Weiteres Feedback gibt es auch über Rivva.
Danke!!
Hätte man nicht treffender formulieren können.
Unterschreibe ich (als zeitlebens “untypische” Mutter) sofort. Jeder wie er kann und wie er mag. Hauptsache ist doch, Kind ist glücklich und entwickelt sich. Punkt.
Ein sehr guter Artikel! Ich bin alleinerziehend und kann mir daher nicht “aussuchen“ wer hier was macht. Ich bin auch einfach Elter. Nein, nicht beides zusammen, ich muss hier auch niemanden ersetzen oder irgenwas ausgleichen. Das wird oft gefragt. Ich bin eine Frau, ok. Daran kann und will ich nichts ändern. Aber meine Aufgaben und Rollen suche ich mir selbst. Ich kann nicht gut kochen, dafür toll backen und Dinge reparieren. Nicht nur die Väter sollen einfach Väter sein, auch die Mütter mal wieder einfach Mutter sein. Oder besser: Mensch. Dann sind die Kinder nämlich irgendwan. Auch wieder einfach Kinder. Meine persönli he Hoffnung. Und die stirb ja wie man sagt zuletzt.
Jo. Ziemlich ganz genau so.
lieber leitmedium, so sehr ich auch deine abschließende aussage unterschreiben kann, bin ich mir doch unsicher, ob deine kritik am artikel und dein entwurf von elternschaft so richtig ist.
vielleicht fange ich mit damit an, dass auch mir lobhudeleien auf väter peinlich sind. gerade auch, weil sie oft selbstverständliches bejubeln. aber sie schmeicheln auch. sie befördern auch die wahrnehmung, dass es richtig ist, eltern zu sein.
sie sind noch absurder, wenn sie nicht allgemein formuliert sind, sondern konkret im persönlichen kontakt im supermarkt geäußert werden. wenn ich lob dafür erhalte, dass ich mit meinem kind einkaufe, dann ist das schon absurd.
das wesentliche scheint mir jedoch: meine frau erhält dieses lob nicht. und hier genügt es nicht nur elter* zu sein, sondern vielmehr spielen gesellschaftliche strukturen eine relevante rolle. mütter und väter werden in ihren rollen gesellschaftlich geprägt. ich bin ein mann, ich nehmen mich selbst als einer wahr und werde auch von meiner umwelt als mann wahrgenommen. und damit sind auch als elter* privilegien verbunden. es ist nicht nur eine frage der person, sondern auch der rolle als mann und vater.
aus diesem grund scheint es mir tatsächlich nicht unwichtig zu sein, dass sich die realität der eltern angesehen wird. und wie eltern diese realität in der familie herstellen und konstruieren.
ein schönes beispiel für eine solche konstruktion scheint mir dabei die zuschreibung scheinbar “natürlicher” grundlagen für elternschaft, die du vornimmst, wenn du dich auf stillen und gebären beziehst. auch ohne diese fähigkeiten scheint man eltern sein zu können, beides scheint mir dafür nicht relevant. gebären und eltern sein muss nicht zwingend im zusammenhang stehen. und alternativen zum stillen sind ja auch vorhanden.
du schreibst selbst, dass es sich um kulturelle rollenzuschreibungen handelt. diese lösen sich ja nicht einfach auf. aber sie können dank solcher forschung vielleicht neu betrachtet werden. und ein solcher artikel im spiegel scheint mir dabei ein punkt zu sein, mit dem menschen erreicht und in den diskurs eingeladen werden, deren kulturelle perspektiven auf elternschaft sich von deinen unterscheiden.
diese eltern auch in den diskurs einzubinden und um (kulturell geprägte) antworten auf die frage nach guter elternschaft zu streiten (im positivsten sinne), scheint mir sinnvoll und wichtig.
@leitmedium Nagel auf den Kopf getroffen. Vielen Dank dafür. ???
@leitmedium toller Beitrag, danke.
Ich finde es in letzter Zeit tatsächlich wieder wichtiger, das Wort “Vater” zu verwenden, um auf die unterschiedliche Rezeption hinzuweisen bzw. dafür zu sensibilisieren. Ansonsten volle Zustimmung zu den von dir beschriebenen Aspekten.
Hier meine Gedanken zum Spiegel-Titel:
http://jochenkoenig.net/2015/12/21/der-spiegel-und-die-vater/
Viele Grüße
Jochen
Bravo!
Danke für den Text. So isses.
LG und frohe Feiertage
DANKE für diese – eigentlich ganz einfache und auf der Hand liegende – Feststellung. Endlich mal ein Artikel, bei dem ich am Ende nicht das Gefühl habe, ich angebliche (klischierte) “Unzulänglichkeiten” des Vaters kompensieren (weil manche Verhaltensweisen ja nur dem Vater gehören, zum Beispiel “streng sein”). Wenn wir uns beide von diesen Rollen lösen können, dann ergibt sich plötzlich ganz viel Platz (und Freiheit!).
@leitmedium @andreasdotorg es reicht zu sehen, wie man angestarrt wird, wenn man erzählt, dass man mehr als “seine zwei Monate” nimmt
@leitmedium Maria durch den Dornwald ging ist auch meine Grenze <3
@leitmedium @Mareicares nicht alles, aber alles in allem ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Danke.
Ich bin seit 27 und 25 und 17 Jahren Vater. Ich habe mit meinen Söhnen gesungen, gebaut, geweint, gelacht. Ich habe mir Zeit genommen, als es noch keine Elternzeit gab. Und mir nie Gedanken darüber gemacht. Ich habe keine Blogs darüber geschrieben. Ich habe darüber nicht räsoniert oder philosophiert. Ich liebe meine Söhne. Das reicht mir. Und ihnen auch. Glaube ich.
@leitmedium Toller Beitrag wir sind auch Eltern ☺ und haben keine festen Rollen. Und kochen tu ich auch sehr gerne.
@leitmedium Ich empfinde das Beschriebene als so alltäglich, dass ich oftmals Netzdiskussionen hierzu nicht nachvollziehen kann.
Danke, danke, danke. Beste Antwort auf diesen saudummen Hype, kristallisiert im Spiegel-Artikel, der mich als Alleinerziehende oft ganz schön zum Kotzen bringt.
Mmh aber genau das hat der Artikel doch ausgesagt. Das Mütter eben nicht die naturgegebene wichtigste Bezugsperson sind/sein müssen und das auch Väter typisch mütterliche Verhaltensweisen an dem Tag legen, wenn sie sich hauptsächlich kümmern. Weil es sich eben um soziale Rollen handelt, die jeder übernehmen kann und es auch tut wie man an Alleinerziehenden oder gleichgeschlechtlichen Paaren sehen kann. Ich fand den Artikel sehr gut und verstehe nicht wie er hier so oberflächlich schlecht gemacht wird. Unbedingt selbst lesen!!!
Unabhängig was der Artikel im Kern war – was mir sehr gut gefällt und auch meine Meinung widerspiegelt ist dieses “Elter” Thema. Unbestritten gibt es Männer und Frauen, aber dieses Mutter/Vater Ding ist schwierig. Und die Lobhudelei geht mir auch auf den Keks.
Daher kann ich diesen Geschlechtsrollenquatsch von egal welcher Seite nicht mehr lesen. Weder wenn es heisst, Väter kümmert Euch noch Mütter, werdet endlich mal selbstständig und selbstbewusst. Wir sind alle Erwachsen und den Rest kriegen wir dann auch irgendwie hin.
Auch ich weigere mich vermeintliche Erfahrungen aus meinem Vaterdasein zu bloggen und damit anderen Vätern/Eltern gewissermaßen als Orientierung zur Verfügung zu stellen. Warum? Weil ich es anmaßend fände, da es um völlig subjektive Erfahrungen geht, die schon alleine deshalb keinen Vorbildcharakter besitzen können, weil der kleinste gemeinsame Erfahrungsnenner lediglich aus einem Kind besteht.
Alle anderen Parameter (Alter, Bildung, Erziehung, Charakter, Umstände, Ort, Einkommen, Freundeskreis, Familie etc. etc.) sind bei jedem anderen Menschen anders zusammengestellt. Und deshalb nervt es mich selbst kolossal, wenn mir Erfahrungsberichte bloggender Mütter/Väter/Eltern eine Richtung vorgeben wollen, deren Autorität ausschließlich auf einem biologischen Faktum basiert, das nichts – ich wiederhole: nichts – mit meiner Lebensrealität oder der anderer Menschen gemein hat. Schweigen ist für mich daher Gold, es sei denn, Freunde fragen um ehrlichen Rat.
Aber es kann ja durchaus interessant sein, welche Lösungen andere Leute gefunden haben. Ob man diese Lösungen übernehmen kann oder will, können die Leser*innen dann ja selbst entscheiden.
Manchen hilft es auch, zu merken, dass sie mit gewissen Problemen nicht allein sind.
Natürlich soll das keine Vorschrift an Sie sein. Wenn Sie nicht bloggen wollen, ist das Ihre Sache. Nur sind Erfahrungsberichte nicht per se schlecht, weil sie Einzelfälle darstellen. Sonst dürfte ja niemand mehr über irgend eine Erfahrung berichten, unsere Individualität macht ja nicht an der Elternschaft halt.
vielen dank für den artikel. als werdender vater suche ich selbst nach orientierung und bin dafür dankbar, dass ich nicht der einzige bin, der so denkt wie du. andererseits ergeben sich mir hin und wieder gedanken, dass die lobhudelei ruhig noch etwas anhalten sollte. denn je mehr dieser denke nachgehen, desto offensichtlicher wird für tradionelle unternehmen (wie ich in einem arbeite) hoffentlich, dass ihr alte traditionsrollendenke verstaubt ist und in die kiste gehört, damit ihre mitarbeiter einfach nur eins sein können: nämlich eltern.
@leitmedium Danke.
Danke Danke Danke !
@leitmedium Danke. Seh ich als Vater genauso.
Jemand der betont, wie ungeheuer wichtig Väter (oder Mütter) für die Entwicklung sind kommt mir machmal vor wie jemand, der einem Menschen ohne Arme erklärt, wie ungeheuer wichtig Arme doch sind. Ja, es wäre wunderbar und wünschenswert, wenn jeder junge Mensch Vater und Mutter gleichermaßen zur Verfügung hätte. Nur sieht die Realität manchmal anders aus, ob durch frühen Tod eines Elternteils aber auch “nur” durch zuviel Arbeit, Trennung, Desinteresse ist bei vielen Familien eben nur ein Elternteil wirklich vorhanden. Ich habe meinen Vater auch erst richtig nach seiner Pensionierung kennengelernt. Auch Halb- oder Vollwaisen können glückliche, stabile Menschen werden wenn es nunmal das Schicksal so will.
Zu den elterlichen Körperfunktionen: Auch das männliche Elter* ist in der Lage zu stillen. Echt jetzt. Vielleicht ein Selbstversuch bei Baby 3??? In diesem Sinne frohe Weihnachten!