Auf meinen letzten Artikel zum Vorlesen von Blog-Artikeln gab es ein erfreulich breites Echo. Prinzipiell scheint es viele dankbare Hörer und potentielle Vorleser zu geben. Marcus Richter hat sogleich zum Mikro gegriffen und meinen Artikel eingesprochen und creon wiederum den seinen (Inception erwartet). Durch die neue Aufmerksamkeit angeregt hatte ich ein paar Gespräche und Fehlversuche zum Thema, die ich nicht ungeteilt lassen möchte.
“Ich möchte nicht, dass jemand ungefragt meine Artikel vorliest”
Ich habe überrascht festgestellt, dass es BloggerInnen gibt, die nicht erfreut sind über ein Einsprechen ihres Blog-Artikels. Sie wollen zumindest vorher gefragt werden. Offenbar gibt es hier eine klare Trennung zwischen dem Wiederposten eines Artikels und der Umwandlung in ein anderes Medium. Das ist insofern nachvollziehbar, als das Einbringen einer Stimme den Text um weitere Informationen anreichert. Sicher tut es weh, wenn man das Vorlesen als “schlecht” wahrnimmt oder schlicht die “Interpretation” für falsch hält. Hier wären wir aber schon im Kern der Remix-Debatte: Wenn wir das Einsprechen eines Textes als Remix betrachten, kommt es dem, was im Kern eines netzpolitischen Konsens steht, schon recht nah. Oder? Sprich: Wenn wir das Recht auf Remix fordern, müssen wir uns auch selbst fragen, inwiefern wir bereit sind, unsere eigenen Werke auf eine Art remixen zu lassen, die nicht unseren Vorstellungen entspricht.
Die Sache mit den Lizenzen
Bei mehreren Artikeln haben mich die Lizenzen oder das Fehlen der selbigen abgehalten. Eigentlich wollte ich einen Artikel von Antje Schrupp über Körpermodifikationen vorlesen, fand aber keine ausgewiesene Lizenz, wodurch der Standard-Urheberrechtsschutz gilt. Daran gibt es auch erst einmal nicht viel zu kritisieren, denn die Ansage ist klar: Der Text bleibt hier. Ambivalenter wird es beim Benutzen von Creative-Commons-Lizenzen. Ich selbst stehe Creative Commons mittlerweile eher skeptisch gegenüber. Zwar bin ich für die Iniative und Breitenwirkung von CC dankbar, jedoch sehe ich durch die fein wählbaren Lizenzmodelle die Gefahr, dass oft Lizenzen gewählt werden, die vielen kreativen Weiternutzungen diametral entgegenstehen. Konkret wollte ich einen Text über Gedichte vom Grimme-Online-nomierten (hier abstimmen!) Blog kleinerdrei vorlesen. Die Seite weist eine CC-NC-ND-Lizenz aus. Einfach gesagt, dürfen die Texte kopiert, jedoch nicht kommerziell genutzt und keine daraus abgeleiteten Werke erstellt werden. Schon der Ausschluss kommerzieller Nutzung ist – wahrscheinlich – für Blogs mit Flattr ein Ausschlussgrund (ich lasse mich hier gern korrigieren), der Zusatz “ND” für “non derivates” aber definitiv ein Verbot des ungefragten Vorlesens. Da ich mir nicht ganz sicher bin, ob diese Wirkung beabsichtigt ist, habe ich bei kleinerdrei nachgefragt, wie sie das handhaben wollen und warte noch Antwort.
Zitate und eingebettete Tweets/Medien
Als ich mir noch nicht die Lizenzfrage bei kleinerdrei stellte, habe ich versucht, einen interessanten Post zu #yesallwoman vorlesen. Der Artikel behandelt eine aktuelle #aufschrei-ähnliche Diskussion auf Twitter. Inhaltlich ist der Artikel genau zum richtigen Zeitpunkt erschienen und ich hätte ihn gern durch Vorlesen einem weiterem Publikum zugänglich gemacht. Jedoch zeigte sich bei meinem Versuch, dass Texte, die viele Tweets enthalten, nur schwierig vorzutragen sind. Ich habe zumindest kein Rezept, um einen eingebetteten Tweet nach dem nächsten hörbar vorzutragen. Das gleiche gilt für längere Zitate, die eine der Stärke argumentativer Blog-Posts sind und daher Texte häufig durchsetzen.
Das ist aber alles nicht der Untergang des Abendlandes. Vorlesetechniken für Tweets und Zitate lassen sich finden – oder auch einfach irgendwo aufschnappen. Immerhin gibt es abendfüllende Twitter-Lesungen. Wichtiger ist die Frage nach den Lizenzen, die auch eine Frage an uns ist: Erlauben wir, dass unsere Texte neu interpretiert und damit verändert werden können oder sind wir, wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, nur mit einer rein digital unveränderten Weiterverbreitung einverstanden? Das wäre dann immerhin noch ein Recht auf Kopie. Mir persönlich ist es zu wenig.
Ich werde für den Anfang versuchen, kontinuierlich meine eigenen Artikel vorzulesen. Und damit fange sofort an:
p.s.: Nach dem Einsprechen ist mir aufgefallen, dass die akustische Version von “BloggerInnen” missverständlich klingt. So ist das mit Reibungsverlust beim Medienwechsel.
Bildquelle: “Remix 002 for Raä” von Karl Nilsson, veröffentlicht unter CC-NC-SA 2.0.
Du kannst gerne alle meine Blogposts einlesen. Mit passepartout Lizenzen und feministischen Blogs ist das immer so eine Sache, ich will ja nicht, dass Maskus meine Texte nach Belieben verhunzen dürfen. Sie machen schon mit meinen Fotos die ekligsten Dinge und nur mit Verweis auf das Urheberrecht kann man sie ein bisschen bändigen. Mir wäre eine andere Lösung auch lieber :))
Ein interessanter Hinweis, danke. An solche Probleme habe ich noch gar nicht gedacht.