Leitmedium

Es gibt kein analoges Leben im digitalen.

Caspar C. Mierau arbeitet als technischer Berater und denkt als Medienwissenschaftler, der zur Computergeschichte promoviert, über die Geschichte und Gegenwart von Technologie nach. Er schreibt und podcastet an der Schnittstelle von Praxis und Theorie, Technik und Kultur. Notiert kurze Gedanken auf Mastodon. Hat "Leitmedium" ganz offiziell als Künstlername im Ausweis stehen.

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Dennis Hopper gibt auf, Natascha Kampusch nach

7. Dezember 2007 by leitmedium

Was hat Natascha Kampusch mit Dennis Hopper zu tun? … Manche Ereignisse treffen so dicht aufeinander, dass sie einen Zusammenhang suggerieren, der keiner und eben doch einer ist. Diese Woche trafen fast zeitgleich folgende Informationen sich irgendwie gegenseitig ergänzend ein:

1. Dennis Hopper gibt auf

Dennis Hopper, das ist Easy Rider, Road Movie, Blue Velvet, verraucht, Apocalypse Now. Klassiker. Nun dümpelt er in einer durchaus als einem mehr als peinlichen Ausrutscher zu bezeichnenden US-Serie auf einem abgeschlagenen Sendeplatz herum. Was peinlich und schlecht ist, ist sicher eine Definitionsfrage. Dass eine Serie, die “E-Ring. Military Minds” heißt und glorifizierend das weltweite Eingreifen des US-Militärs in kurzen, oberflächlichen Geschichten erzählt, es eben doch ist, steht fast außer Frage. Oh wir müssen schnell 2000 Mann nach Dingsbums schicken, hier hinten auf der Landkarte, Oberst General, neinein, ja Politik, Bummsknall, alles gut. Doch ein Bild sagt mehr als tausend Worte – es ist so schlecht, wie es klingt:

Vielleicht funktioniert so schauspielerische Altersvorsorge oder die Flucht vor der Angst, nicht mehr spielen zu dürfen. Doch irgendwo ist Schluss.


2. Natascha Kampusch gibt nach

Nun ahnt man bereits den Zusammenhang zwischen Hopper und Kampusch: Ein medialer Fehltritt. Frau Kampusch, die spätestens mit einer Hochglanz-Seite ganz offensichtlich in die Unterhaltungsindustrie eingeführt werden soll, wird vom ORF ein Jahr nach ihrer Flucht für eine regelmäßige Interview-Sendung unter Vertrag genommen. Das erinnert an die Jahrmärkte, auf denen besondere Menschen zu Schau gestellt wurden: Riesen, Zwerge, “Dschungelmenschen” aus der Ferne. Hier nun das gepeinigte Entführungsopfer, das natürlich nur wegen der sprachlichen Qualitäten von Interesse ist. Kein Boulevard. Klare Sache. Nein, einen Film wird es im Moment nicht geben. Das ist wohl auch die wichtigste Entscheidung, die man treffen muss, wenn einem filmreifes widerfahren ist. Vielleicht zeichnet sich ja auch einfach ein neuer Trend ab: Opfer von Verbrechen bekommen ihr eigenes TV-Format. Genug Aufmerksamkeit besitzen sie ja.

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