Die erste Seite der Druckausgabe der FAZ schockiert regelmäßig mit der Abwesenheit von Bildern. Einfach nur Text grinst da aus der Fratze des Lies-Mich-oder-Wisse-Nichts-Monsters und man mag das ein oder Foto vermissen. Es muss ja nicht gerade Paris Hilton sein. Vielleicht ein Politiker? Bitte.
Da soll man sich ein Beispiel nehmen am Internet. Da ist das ja alles einfacher mit den Bildern und ohne Bilder geht sowieso nichts. Nur wenn ohne Bilder nichts geht, was für Bilder nimmt man dann eigentlich? Also am besten, man hat eine Datenbank mit Stichpunkten. Artikel schreiben, Bild raussuchen nach Schlagwort, einbinden, gut ist.
Schlecht ist. Die Bebilderung in Onlinezeitungen scheint irgendwie auf den Brechtschen V-Effekt aus zu sein. Das Kredo “Bedilderung geht vor” scheint sich über die Sinnhaftigkeit des notwendigen Kontextes zu erheben.
Nun gibt es Themen, für die das Auffinden von Fotografien schwierig scheint, da sie abstrakt sind oder gegen gewisse Konventionen verstoßen. Viele Wirtschaftsthemen werden üblicherweise durch Hochhäuser mit Glasfassaden “ausgemalt”, Computerthemen durch Menschen, die vor Monitoren sitzen und Sex-lastige Themen durch gesellschaftlich noch halbwegs akzeptierte freizügige Aufnahmen.
Nun ist all dies halbherzig, weil ja auch irgendwie unnötig. Warum etwas bebildern, was entweder nicht bebildert werden kann oder muss? Egal, Bild ist Bild und sagt mehr als tausend Worte, wenn auch die Falschen oder die endlos Wiederholten.
Wirklich eklatant fällt dies bei der Netzeitung auf, die Bilder derart häufig einsetzt, dass es schon wieder lustig wird.
Um ein wenig pedantisch zu sein, hier drei Beispiele an unterschiedlichen Motiven, die häufig und in völlig unterschiedlichen Kontexten genutzt werden:
1. Der pralle Busen
So ein praller Busen ist ein eye-catcher im Sinne des Wortes und abstrakt genug, um eigentlich alles zu bebildern. Da mag es verzeihlich sein, die Üppigkeit zu nutzen für die Artikel Porno-Industrie positioniert sich im DVD-Streit (Bilderuntschrift: “Pornos – bald in noch höherer Auflösung“) und TV zeigt Porno statt Nachrichtenbildern (Bildunterschrift: “Porno-Bild” – da ließe sich schon drüber streiten, da es eher wie eine Aufnahme von einer Messe wirkt, aber gut). Es sei auch noch zugestanden, die Porno-Panne im chinesischen Fernsehen (Bildunterschrift: “Brüste einer Porno-Actrice” – “Actrice” klingt großartig an dieser Stelle, oder?) damit zu bebildern, doch es drängt sich der Verdacht der Einfallslosigkeit auf. Aber halt! Wenn es mal eine Nummer kleiner soll, dann wird man in Porno statt Info-Film bei Madrider Polizei (Bildunterschrift: “Das üppige Dekolleté eines Pornostars“) fündig.
Soweit, so gut.
2. Dolly Buster und Sybille Rauch
Doch richtig angetan haben es den Redakteuren Dolly Buster und Sybille Rauch. Die sind ja schließlich ehemalige Pornodarstellerinnen und können daher auch für alles herhalten. Damit es nicht so verwirrend für den Leser wird, natürlich nur mit einem Bild, mehr war wohl unter dem Schlagwort “Porno” auf die Schnelle nicht im dpa-Archiv zu finden. Da mag man noch eine Ahnung haben, was Porno-Filme zum Selberbrennen (Bildunterschrift: “Die deutschen Porno-Darstellerinnen Dolly Buster und Sybille Rauch“) mit den beiden zu tun hat, mag sich aber schon wundern, warum auch Sex-Domain abgelehnt (Bildunterschrift: “Die Porno-Darstellerinnen Dolly Buster und Sybille Rauch“), womit die Ablehnung der .xxx-Domains gemeint ist, mit den beiden bebildern werden muss, wird aber in Keine Entscheidung über Porno-Domains aufgeklärt mit der Bildunterschrift “Würden von Porno-Endungen profitieren: Dolly Buster und Sybille Rauch“. Achso. Richtig einfallsreich war da der Artikel Klage wegen Porno-Domain (Bildunterschrift: “.xxx“) in dem ein junger Wilder einfach den Text zum Bild macht. Gratulation dazu, besonders zur gewagt redundaten Bildunterschrift, ich vermute hier Dadaismus. Na macht nichts, da die beiden Damen ja auch von einer Steuererhöhung: Billige Pornos, teure Windeln (Bildunterschrift: Porno-Hefte ohne Aufpreis: “Szene-Stars Dolly Buster und Sybille Rauch“) profitieren würden, können sie doch auch gleich für Sex-Industrie hofft auf Google (Bildunterschrift: “Dolly Buster und Sybille Rauch“) herhalten, oder?
3. Der Mensch vorm Computer
Besonders beliebt ist das Motiv “Mensch vor Computer”, schließlich lässt sich damit so jedes Computer- und Internet-bezogene Thema illustrieren. Da Computer und das Internet nun mal die Wogen des Bösen sind, findet sich das Motiv besonders häufig in sexbezogenen Themen und wird gern einmal völlig unterschiedlich kontextualisiert. Daher zum Abschluss folgendes: Mann mit gelben Hemd sitzt vor Monitor und sieht sich Bilder an. Soweit das Motiv. Genüsslich verwendet in: Hinweise auf neuen Porno-Skandal in St. Pölten (Bildunterschrift: “Verbotenes Ansehen von Porno-Site” – Warum eigentlich verboten? Na, das klingt besser.), wie auch Orthodoxe Juden hacken Pornoseiten (Bildunterschrift: “Internet-Pornos“) – man beachte, dass das Bild eine Illustration des Artikels ist… – und, um die den Sinn des eben noch verbotenen Betrachtens völlig umzudrehen: Chinesische Firmen blockieren Porno-Sites (Bildunterschrift: “Überwachung von Porno-Sites“). Es handelt sich also um chinesisch-orthodoxe, die Pornoseiten hacken und zensieren, dabei aber verboten ansehen? Oder wie? (Ein ähnliches Motiv wird genauso durch die Artikel geschubbst: einmal am Arbeitsplatz, in den USA, wie auch in Großbritannien – Telearbeit machts möglich.
Nun können sich diese Beispiele nicht dem Vorwurf einer gewissen Belanglosigkeit entziehen, lassen sich jedoch problemlos in anderen Bereichen weiterführen – nicht nur durch das häufige Wiederverwenden von Bildmaterial, sondern auch das unbeholfene Einsetzen von Bildern. Ein bisschen Derrida, ein bisschen Brecht, könnte man da vermuten oder sich einfach wünschen, die traurigen Illustrationsversuche sein zu lassen und das nicht nur bei der Netzeitung. Einfach ein bisschen mehr Mut zum Text und Bilder da, wo sie sinnvoll sind.
[…] war nicht abzusehen. Da schreibt man einen kurzen Artikel über den fragwürdigen, wenn nicht unprofessionell-peinlichen Umgang der Netzeitung mit […]