Computer Männersache? Das war nicht immer so. Oder eben doch. Ein Artikel der Computerwoche aus dem Jahr 1979 verweist auf eine sehr überraschende Problematik bei der Einführung Automaten-gestützter Textverarbeitung: Der Automat konnte keinen Kaffee kochen und Männer nicht tippen:
Doch weil die Textverarbeitungsautomaten nur elektronische Maschinen sind, fehlen ihnen die fraulichen Tugenden, die die perfekte Sekretärin kennzeichnen, das Manko schafft Vorbehalte gegen die Technik. Jeder Sachbearbeiter möchte seine Vorzimmerdame als Prestige-Objekt behalten, äußerte ein Seminarteilnehmer auf dem Temex-Arbeitskreis. Zum anderen spult die Maschine ihr Programm ab, während die Sekretärin allzeit bereit für störende Aufträge ist, eine der Forderungen, die nach einer Studie des Soziologischen Forschungsinstitutes Göttingen an eine “gute” Sekretärin gestellt wird. Unwahrscheinlich auch, daß der Apparat als “Assistentin und Partnerin” auf die Launen “seines” Chefs eingeht, persönlich hoch engagiert ist, sich gleichzeitig unterordnet und selbständig Aufgaben löst, oder, wie in einem Lehrbuch für die Chefsekretärin steht “den Chef entlastet und alle für ihn unwesentlichen Dinge von ihm fernhält.”
Lernen aber auch Männer, wie es Gegenfurtner den Sachbearbeitern anempfiehlt, mit der Tastatur einer Schreibmaschine umzugehen, so können die so Emanzipierten am TV-Automaten einen Arbeitsgang vollständig erledigen, ohne auf die Hilfe ihrer Sekretärin angewiesen zu sein. Gegenüber der Sekretärin hat der programmierbare Automat noch den Vorzug von Flexibilität. “Je mehr sie (die Sekretärin) für ihren Chef wert ist, desto größer ist die Gefahr,” folgert die Untersuchung, “daß sie nur für diesen Chef etwas wert ist.” Und an den Automaten, so zeigt die Erfahrung, sitzt heute auch weibliche Körperwärme die ab und an aufsteht, um dem Chef Kaffee zu holen.
Quelle: http://www.computerwoche.de/heftarchiv/1980/26/1189942/index.html
Computernutzung als Emanzipation des Mannes – das entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Zugleich zeigt es eine Motivation zur Einführung von Textverarbeitungssystemen, die in der Literatur aus den 80er Jahren immer wieder anklingt: Entmachtung der (weiblichen) Schreibkräfte, die als purer Kostenfaktor angesehen wurden und deren prominente Stellung innerhalb der Firma als Text-Maschinen trotz des Prestiges “eine zu haben” immer wieder kritisiert wurden. Auch wenn die Rückdrängung der Frau in die Schreibarbeit wohl als Emanzipations-Hinderung angesehen werden kann, ist die Einführung der Textverarbeitung zeitgleich paradoxerweise die Entmachtung auf gleicher Ebene geworden.
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