Programmiersprachen laden scheinbar dazu ein, in ideengeschichtliche Diagramme und Tabellen eingeordnet zu werden. Kaum ein Buch über Programmiersprachen verzichtet auf eine solche Darstellung, die sich in der Regel auf die höheren Sprachen konzentrieren und um Attraktoren wie Fortran, Pascal und Smalltalk gruppieren. Ein Beispiel liefert die kurze “Geschichte der Programmiersprachen” von Horst Zuse (Sohn von Konrad Zuse), die sich entlang der Lebensläufe von “Pionieren der Programmiersprachen” schreibt. Schon inflationär komplex ist die Darstellung in der Wikipedia.
Beim Betrachten und Vergleichen dieser Darstellungen treten folgende Fragen auf:
Was bringt eine solche Darstellung?
Die Diagramme sind schön komplex und vermitteln den Eindruck einer gewissen historischen Abfolge. Wie viele retrospektive Zusammenfassungen signalisieren sie eine historische Logik und Struktur, deren Klarheit in dieser Form sicher fraglich ist. Doch warum diese Darstellung? Sie erinnert an Flussdiagramme zur Darlegung des Ablaufes von Algorithmen, womit klar ist, dass die Geschichte von Programmiersprache quasi in Programmierlogik selbst erzählt wird.
Wo ist die natürliche Sprache?
Die natürliche Sprache, insbesondere das Englische, prägen einige Programmiersprachen mehr als andere. Wäre eine Berücksichtigung dieses Einflusses nicht ebenso notwendig in einer Genealogie?
Wo bleibt der Diskurs?
Eine ideengeschichtliche Darstellung verzichtet zwangsläufig auf eine diskursive Einordnung. Das nebenher der Sprachen und deren diskursive Auseinandersetzung findet in den Diagrammen keine Berücksichtigung, scheint nicht zu existieren. Ein Diskurs von Programmiersprachen ist sicher schwer greifbar und schon gar nicht in der klar definierten semantischen und syntaktischen Logik des Programmierens. Dies bedeutet jedoch nicht, es gäbe keinen. Wie kann man ihn freilegen?