31.10. ist Reformationstag, ist Halloween, ist Reformationstag, daran wurde man spätestens erinnert, wenn man im Newsletter der Deutschen Sprachwelt die etwas entgleisten Tiraden des Chefredakteurs zu Halloween las:
Vor genau 490 Jahren schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schloßkirche zu Wittenberg. Zum Reformationstag am 31. Oktober erinnert die DEUTSCHE SPRACHWELT an die Bedeutung der Reformation für die deutsche Sprache. Gleichzeitig bezeichnet die Sprachzeitung das am selben Tag veranstaltete Halloween als „Gift für die deutsche Sprache und Kultur“.
Der Chefredakteur der DEUTSCHEN SPRACHWELT, Thomas Paulwitz, erklärte: „Der Reformationstag droht von dem kommerzialisierten amerikanischen Totenkult namens ‚Halloween‘ überschattet zu werden. Daher ist es um so wichtiger, daran zu erinnern, was die Reformation für eine lebendige deutsche Sprache bedeutet.“ […] Während die Reformation die Sprachen förderte, verdränge „Halloween“ alte Bräuche wie Erntedank und Martinssingen und stehe beispielhaft für die Amerikanisierung und Verrohung der Sprache und Kultur, so Paulwitz. Kinder als Tote zu verkleiden und mit der Parole „Trick or Treat“ auf Erwachsene zu hetzen, stelle keine kulturelle Bereicherung dar.
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Sprachwelt
Trotz aller Häme ist die Erinnerung an den Reformationstag durchaus berechtigt, insbesondere auch in einem nicht-religiösen Kontext. Dies auch, da in einem Bundesland, dass den Reformationstag nicht als Feiertag führt, Halloween durchaus die Wahrnehmung vollständig verdrängt. Aus gegebenem Anlass also lag ein Blick in die Wikipedia nahe, der mit einem Verweis auf “Reformationsbrötchen” überraschte, das wie folgt beschrieben wird:
Ein Reformationsbrötchen ist ein meist quadratisch aussehendes, süßes Gebäck, meist von der Größe einer Apfeltasche. Es soll eine Lutherrose symbolisieren. Martin Luther hatte zu seiner Zeit seine Schriften mit der Lutherrose in der Art eines Stempels versehen, um sie als von ihm stammendes Original zu kennzeichnen.
Das Reformationsbrötchen ist im weiten Umkreis um Leipzig bekannt, das heißt: unter anderem in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. In der Gegend um Dresden ist es eher als Reformationsbrot bekannt, da dieses erheblich größer als ein Reformationsbrötchen ist, dort aber seinen Platz einnimmt.
Quelle: de.wikipedia.org
Wie es nun genau aussieht, das süße Gebäck, verrät ein vorbildlich selbst gemacht aussehendes Foto (man beachte die betonte Asymmetrie auf dem Teller und den :
Kunde: Guten Tag, haben Sie Reformationsbrötchen? (Plötzliche Stille im Raum)
Verkäuferin: Bitte was?
Kunde: Haben Sie Reformationsbrötchen?
Verkäuferin: WAS? ReformaWAS?
Kunde: Heute ist doch Reformationstag. Es gibt ein Gebäck, dass sich “Reformationsbrötchen” nennt. Haben Sie dies?
Verkäufern: Ja, heute ist Reformationstag.
Kunde: Ja, haben Sie Reformationsbrötchen?
Verkäuferin: Reformationstag ist nicht in Berlin. (Erleichterung im Raum)
Nach dem zweiten Bäcker wurde das Experiment vorzeitig abgebrochen und auf nächstes Jahr vertagt. Spätestens 2017, wenn der Reformationstag sein 500stes Jubiläum feiert, ist wohl mit einer Reformationsbrötchenschwemme (dieses Wort wird hiermit Alleinstellungsmerkmal um per Suchmaschine diese Seite zu finden) zu rechnen. Wer bis dahin aus religiöser oder kultureller Neugier nicht warten kann, sollte einfach selbst zur Hand greifen mit einem Rezept.
http://medienlese.com/2007/09/09/sprachpflege-vom-rechten-rand/
Danke. Das bestätigt das Gefühl, dass es nicht einfach ist, sich mit Sprachpflege auseinanderzusetzen, ohne gleich in Ecken zu landen, in die man beileibe nicht wollte.