Mediengeschichte, Gegenwartsdebugging, Zukunftskritik.

Das Thema “Kopie” ist kulturwissenschaftlich mitterweile ein durch Tagungen, folgende Veröffentlichungen, Meinungen und Juristereien stark begangener Topos. Und dennoch stößt man immer wieder auf Hinweise, die das Bild der Kopie verändern – sei es an ihrem Anfang oder ihrem Ende. So verweist Cornelia Vismannin einem Nebensatz auf folgende Erklärung Luhmanns des Begriffs “copia”, der der Kopie quasi historisch vorgeschaltet ist:

“Auch in zahlreichen wort- und begriffsgeschichtlichen Einzelheiten lassen sich Auswirkungen des Buchdrucks vermuten – so wenn ‘copia’ als Reichtum verfügbaren Wissens abgewertet wird zur bloßen Copie dessen, was schon vorhanden ist, und umgekehrt ‘original’ nicht mehr die Gegenwart des Ursprungs bedeutet, sondern ein Produkt ohne Präzedenz”.

Entwirrt man den Faden dieses Satzes, ergeben sich folgende Thesen:

  • Der etymologische Ursprung der Kopie, copia, verwies einst auf den Reichtum verfügbaren Wissens und war damit eindeutig positiv konnotiert. (Nicht diesem Zitat zu entnehmen ist die Rolle des handschriftlichen Kopierens von Texten und Büchern in Kanzleien und Klöstern.)
  • Mit der Perfektionierung des Kopiervorganges, spätestens durch den Buchdruck, verändert sich die Wahrnehmung der Kopie als eine dem Original zeitlich nachgestellte bloße Vervielfältigung, also hin zu einer negativen Konnotation (der sie erst heute wieder durch belanglose Textschnippsel wie eben jenen hier wieder entflieht).

Die heutige Kehrtwende der Wahrnehmung der Kopie zum Beispiel durch Derrida ist somit wohl eher eine Renaissance, die sich der Wiederkehr statt Wende kaum bewusst ist (Wobei sich in dieser Aussage nicht Original und Kopie als historische Phänomene abwertend einarbeiten lassen sollten).