Ich erinnere mich noch gut an die Zeit, als ich es liebte, am 1. April durchs Netz zu streifen, Aprilscherze zu sammeln und sie mit anderen auf Twitter auszutauschen. Diese Zeit ist lange vorbei – die Scherze sind nicht unbedingt besser geworden, aber vor allem ist die Realität inzwischen oft so absurd, dass kaum noch Platz für Aprilscherze bleibt.
Trotzdem hatte ich dieses Jahr einen kleinen Einfall zur aktuellen Debatte um digitale Souveränität, den ich einigen Magazinen angeboten habe – leider zu spät für eine Veröffentlichung. Fürs Archiv deshalb hier ein Aprilscherz, der durch seinen Veröffentlichungsort als solcher sofort zu erkennen ist – und dadurch irgendwie wieder keiner ist. Vielleicht liegt genau darin das eigentlich Irritierende: dass das Beschriebene theoretisch denkbar wäre.
Digitale Souveränität: EU beschließt Umstellung von en_US auf en_GB als Serversprache
Mehrere Gremien der EU haben beschlossen, dass zur digitalen Abkopplung von der US-Tech-Dominanz und zur Stärkung der digitalen Souveränität der europäischen Wirtschaft alle in der EU betriebenen Server von der bisherigen Standard-Sprache en_US.UTF-8
auf en_GB.UTF-8
umzustellen sind.
Die Umstellung erfolgt in mehreren Schritten:
- Ab dem 1. Juli 2025 sind alle neu installierten Server standardmäßig in britischem Englisch zu konfigurieren. Hoster erhalten bis dahin Zeit, ihre Images und Installationsskripte entsprechend anzupassen.
- Ab dem 1. Oktober 2025 beginnt eine Übergangsfrist für kommerziell betriebene Bestandsserver.
- Ab dem 1. Januar 2026 muss die Umstellung abgeschlossen sein.
Ausgenommen sind Systeme, die bereits auf nicht-englische Sprachräume konfiguriert sind – hier ist allerdings sicherzustellen, dass die Rückfallsprache (Fallback Locale) auf en_GB.UTF-8
gesetzt wird.
Auch wenn Großbritannien nicht mehr Teil der EU ist, fiel die Wahl bewusst auf en_GB.UTF-8
– und nicht etwa auf en_DK
(Englisch mit dänischem Kulturkontext) oder en_150
(generisches europäisches Englisch). Ausschlaggebend sei laut interner Dokumente die weite Verbreitung von en_GB in bestehenden Systemen sowie ein symbolischer Akt der digitalen Annäherung an die EU gewesen – insbesondere nach den Jahren politischer und digitaler Entfremdung.
Reaktionen aus der Branche
Die Linux-Distributionen Debian und Ubuntu haben angekündigt, die Initiative zu unterstützen und Migrationswerkzeuge bereitzustellen. Red Hat und Fedora hingegen sehen keinen akuten Handlungsbedarf. Die großen Hyperscaler – AWS, Azure und Google Cloud – betonen, dass sie der europäischen Rechtslage Folge leisten werden. Als möglicher Konfliktherd gilt aktuell noch der Serverstandort Irland, über dessen Einordnung Uneinigkeit herrscht.
Erste Rückmeldungen aus der Technikszene verweisen auf unerwartete Herausforderungen: Begriffe wie color, analyze oder customization, die in vielen Logausgaben, APIs und Skripten vorkommen, führen bei der Umstellung zu Problemen. Tools wie kubectl
berichten nun über “favoUrite flags”, was zu einer Welle von Stack Overflow-Posts zu “localisation issues in en_GB” geführt hat.
Apple bleibt Apple
Apple äußerte sich zunächst zurückhaltend und erklärte, man sehe sich von der Maßnahme nicht betroffen – Nutzer:innen erwarteten ohnehin keine „colours“. Die Pressemitteilung wurde kurz darauf überarbeitet und in einer nicht mehr gegenderten Version erneut veröffentlicht.
Ein neuer Markt entsteht
Trotz mancher Irritation sieht die EU-Kommission die Initiative als bedeutenden Schritt hin zu digitaler Eigenständigkeit. Erste Unternehmen reagieren bereits: Ein Start-up aus den Niederlanden kündigte ein “US-to-GB-Autokonvertierungstool für Logfiles” an, das in Echtzeit color
zu colour
transformiert und dabei auch metrische Einheiten berücksichtigt. Weitere Produkte in dieser Richtung dürften folgen.