Am Freitag war ich in Halle zum Halleschen Mediengespräch eingeladen. Da ich schon recht früh angekommen war, nahm ich mir ein Mietrad und erkundete die Stadt. Auf gut Glück googlete ich nach “Halle Computermuseum” und war überrascht, dass es tatsächlich eines gibt, von dem ich noch nie gehört hatte: das Rechenwerk. Ich erkundigte mich telefonisch, ob das Museum geöffnet sei und war froh, dass ab Nachmittag jemand vor Ort war, so dass ich zumindest eine Stunde dort hatte.
Etwas abseits des Stadtzentrums befindet sich das Museum in einem ehemaligen Getränkemarkt. Sieht etwas unprätentiös, aber man sollte sich nicht davon abschrecken lassen:
Das Museum besteht aus einer großen Halle, die vollgestopft ist mit historischer Hardware. Der Fokus der Sammlung liegt auf DDR-Technologie, also vor allem Robotron-Rechnern, aber auch einige Exoten.
In dem ehrenamtlich betriebenem Museum wurde ich freundlich mit einer Tasse Kaffee begrüßt und gleich in Gespräche verwickelt. Es führte mich jemand rum, der bereits in der DDR beruflich mit Robotron-Rechnern zu tun hatte und entsprechend fachkundig konnte er mir Geräte zeigen und teils vorführen. Auch wenn ich mich mit Computer-Historie mittlerweile ganz gut auskenne, waren für mich ein paar interessante Details dabei, die ich so bisher nicht gesehen hatte.
Neu waren für mich zum Beispiel Magnet-Streifen, die wie eine Übergangsform zwischen Lochkarten und Magnetband aussehen:
Da ich mich besonders für Entwicklungsumgebungen interessiere, war dieses Software-“Entwicklungssystem” besonders spannend:
Auf dem MRES Entwicklungssystem wurde die Software unter anderem für solche Rechner-Typen geschrieben:
Interessant waren auch Hybrid-Systeme, in denen DDR-Robotron-Technik mit “West”-Technologie verbaut wurden. Da in der DDR versucht wurde, Architekturen typengleich nachzubauen, war Hard- und Software oft kompatibel und konnte zusammen betrieben werden:
Völlig neu war für mich, dass nicht nur Robotron in der DDR als Marke Rechner baute, sondern noch eine Hand voll andere Firmen, zum Beispiel VEB Elektronik Gera:
… nebst »Sytemkassette«:
Meinem (Taschen)Rechner-Fetisch konnte ich nachgehen…
… und auch eine beeindruckende mechanische Rechenmaschine begutachten:
Endlich mal wieder Hase und Wolf am Poly Play spielen.
Und bekannte DDR-Heimrechner ansehen:
Keine Zeit war mehr für die Funktechnologie:
… sowie überhaupt den Großteil des Saals.
Fazit: Der Besuch lohnt sich, wenn man sich etwas tiefer mit Computergeschichte beschäftigt. Es handelt sich nicht um eine Hochglanz-Ausstellung mit Geräten hinter Plexiglas und Schaukästen mit Erklärungen, sondern um eine große Halle voller Technik, an der noch gebastelt wird. Die BetreiberInnen waren sehr auskunftsfreudig und technisch enorm versiert. Wer sich für Robotron und DDR-Technik-Geschichte interessiert oder gar konkretere (Forschungs-)Fragen hat, sollte definitiv in Halle vorbeischauen. Auf der Webseite ist ein telefonischer Kontakt zwecks Terminabsprache. Der Eintritt ist frei, aber es gibt eine Spendenbox (Hint!).
@leitmedium KC87 war meine erste Begegnung mit einem Rechner, jenseits des SR1.