Ethik des Teilens
Der @tante hat für die Wired in “Die Ethik vom Teilen im Social Web” noch einmal ausführlich erklärt, warum das Teilen von Inhalten auf Social Media Plattformen ethischen Regeln folgen sollte. Der gern vorgebrachte Hinweis “ich teile das nur, um mal drauf hinzuweisen” funktioniert argumentativ nicht so einfach. Ich habe vor einiger Zeit schon einmal meine ähnlichen Gedanken zu dem Thema notiert, daher freue ich mich, das noch einmal mit einer besser hergeleiteten Argumentation lesen zu können. Für mich bleibt es dabei, auch das Nicht-Teilen von Inhalten als bewusste Handlung zu wählen. Ich bin darin sicher nicht perfekt und öfters ärgere ich mich, etwas verbreitet zu haben, was keine Aufmerksamkeit bekommen sollte. Aber ich arbeite daran. Ebenso schwierig ist für mich noch die Unterteilung von Problemen, auf die konkret hingewiesen werden sollte (zum Beispiel sexistische Aussagen) und die Begleiterscheinung, diese damit in einer größeren Öffentlichkeit zu wiederholen. Das Thema wird uns sicher noch eine Weile als Lernprozess begleiten.
Public Shaming im Internet
Und da wir gerade beim Nicht-Teilen sind: Eigentlich verdient es der Tagesspiegel zum “Public Shaming” nicht, noch mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Er ist aber ein gutes Beispiel für die brüchige Argumentationslogik der Anti-Empörungs-Strömung, die seit einiger Zeit besonders durch die Zeitungen rauscht und am liebsten anti-feministische und anti-anti-rassistische Ressentiments bedient. Hier wird gern dazu aufgerufen, besonnen zu sein, man könne ja über alles reden. Dazu werden dann Beispiele gebracht, in denen Personen unter Shitstorms zu leiden hatten. Was die Artikel gern marginalisieren, ist wer eigentlich weswegen öffentlich kritisiert wird. Wenn zum Beispiel Journalisten, die wegen wiederholter sexistischer Aussagen angezählt werden, als Opfer präsentiert werden, stellt sich schon die Frage, wer überhaupt wegen irgend etwas kritisiert werden darf. Die Empörer sind immer die anderen. Was mich etwas irritiert, sind die Pörksen-Zitat im Artikel. Pörksen hat ein sehr kluges Buch über den Skandal geschrieben. Die Zitate wirken mir sehr verkürzt zu Pörksens sonst eher analytischen Aussagen. Der Artikel ist eigentlich eine Rezension des gerade erschienenen Buches “So You’ve Been Publicly Shamed” (Jon Ronson), das in diese Richtung argumentiert. Der @map hat dazu auch etwas auf kleinerdrei geschrieben.
Max Headroom
Erinnert Ihr auch die 1980er Cyberpunk-Science-Fiction-Serie Max Headroom? In The Verge gibt es “The Definitive History of the 1980s Digital Icon Max Headroom“. Wer sich unter “Max Headroom” nichts vorstellen kann, bekommt in diesem Musikvideo einen guten Eindruck von der Ästhetik der Serie:
https://www.youtube.com/watch?v=dPVsTcdydPI
Du schreibst: “Wenn zum Beispiel Journalisten, die wegen wiederholter sexistischer Aussagen angezählt werden, als Opfer präsentiert werden, stellt sich schon die Frage, wer überhaupt wegen irgend etwas kritisiert werden darf.”
Naja, wenn man jemanden als Opfer von etwas (dem Shitstorm) “präsentiert”, steckt darin ja noch keine Aussage darüber, wie berechtigt oder unberechtigt die Verhaltensweisen sind, die (in der Masse) dazu führten. Und vor allem muß man die Beurteilung davon (auch wenn es schwerfällt) natürlich ganz von der Beurteilung dessen trennen, was derjenigen getan hat, was wiederum erst den Shitstorm auslöste. [Ich unterstelle jetzt nicht, daß Du das nicht tust.]
Das Problem bzw. die Herausforderung ist ja die Massenhaftigkeit der Kritik oder Shitterei, Motzerei, Aggression etc. und nicht die einzelne Kritik selber.
Also gibt’s drei Sachen, die man trennen muß: 1. was jemand tut und wie das zu bewerten ist, 2. wie verständlich, berechtigt oder angemessen die Reaktionen anderer darauf sind und 3. wie es zu bewerten ist, daß dieser jemand mit diesen Reaktionen medienbedingt gehäuft konfrontiert wird.
* * *
PS: Ich würde Deinen Blog ja öfter lesen, wenn Du links wegscrollbar wärst und mich nicht immer angucken würdest. Stell Dir vor, jemand steht direkt hinter dem Monitor und guckt Dir permanent in die Augen… 😉