Andreas Bogk wies heute beim Chaos Communication Congress 24C3 während seines Berichts zur aktuellen Lage um den Bundestrojaner darauf hin, dass man bei der Spionage auf Computern bedenken sollte, dass diese als externes Gehirn begreifbar seien und ein staatlicher Zugriff somit verordnetem Gedankenlesen gleichkomme.
Damit greift er – bewusst oder unbewusst – die Organprojektionsthese des Technikphilosophen Ernst Kapp auf. Bereits im Neunzehnten Jahrhundert konstatierte Kapp, dass technische Artefakte als Externalisierung von Organfunktionen zu interpretieren seien. Ein Hammer entspreche damit einer Faust, Telegraphie dem Nervensystem usw. Nachzulesen in “Grundlinien einer Philosophie der Technik“. Der kanadische Medientheoretiker oder, wie er sich nannte, fröhlicher Apokalyptiker, Marshall McLuhan griff diese These mit seiner Theorie der Medien als “extension of man” im Zwanzigsten Jahrhundert auf.
Vielleicht ist es notwendig, statt bei den Diskussionen um Datenschutz und Privatsphäre auf einer technischen und juristischen Ebene zu verweilen, ebenso die Sichtweise auf das, was Technik eigentlich ist, zu überdenken. Wenn der eigene Computer die Erweiterung des Zentralen Nervensystems ist, wie McLuhan es nannte und Kapp es sicher getan hätte, wenn es Computer in dieser Art schon gegeben hätte, dann sind staatliche Eingriffe in die technische Privatsphäre mehr als nur durchwinkbare Gesetze. Sie betreffen den Menschen selbst, dessen Grenze nicht klar am biologischen Körper zu ziehen ist, sondern durch sein Aufgehen in einem medialen Verbund deutlich weiter gedacht werden muss. Ein staatliches Gedankenlesen würde wohl auf deutlich mehr Protest stoßen, doch dafür stellt sich die alte Frage, was ein Gedanke ist und wo er stattfindet.