Leitmedium

Es gibt kein analoges Leben im digitalen.

Caspar C. Mierau arbeitet als technischer Berater und denkt als Medienwissenschaftler, der zur Computergeschichte promoviert, über die Geschichte und Gegenwart von Technologie nach. Er schreibt und podcastet an der Schnittstelle von Praxis und Theorie, Technik und Kultur. Notiert kurze Gedanken auf Mastodon. Hat "Leitmedium" ganz offiziell als Künstlername im Ausweis stehen.

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Landesmedienanstalten führen keine Archive

8. August 2012 by leitmedium

Nach meiner vergeblichen Archiv-Recherche bei RTL, habe ich mich an die für RTL zuständige »Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen« gewendet und nachgefragt, ob dort ein Archiv aller in ihren Bereich fallenden TV-Ausstrahlungen vorgehalten wird. Die Antwort stellt klar, dass dies nicht der Fall ist:

Sehr geehrter Herr Mierau,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage zur Archivierung von aufgezeichneten Fernsehsendungen.

Bezogen auf die in Nordrhein-Westfalen lizenzierten Rundfunkveranstalter besteht eine gesetzlich vorgegebene Aufbewahrungsfrist von drei Monaten. Sie dient im Wesentlichen dazu, im Falle von Beschwerden die Programminhalte auf die Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen hin überprüfen zu können. Gesetzliche Vorschriften zur Archivierung des Sendematerials bzw. zur Herausgabe älterer Aufzeichnungen existieren nicht.

Auch die Landesmedienanstalten führen kein eigenes Archiv  – schon weil der Umfang aller Programme der privaten Rundfunkveranstalter die vorhandenen Kapazitäten sprengen würde und auch eine Reihe von Rechtefragen zu klären wären.

Das Anliegen, Sendungen und Beiträge aus vergangenen Jahren nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, ist jedoch naheliegend. Die Deutsche Kinemathek in Berlin bemüht sich dementsprechend, zumindest ausgewählte Programmteile in einem Archiv zusammenzuführen. Vermutlich ist Ihnen diese Adresse bekannt – falls nicht, finden Sie hier weitere Informationen:

http://osiris22.pi-consult.de/view.php3?show=5400006870724

Ich bedauere, Ihnen zu Ihrem konkreten Anliegen nicht behilflich sein zu können, wünsche Ihnen für Ihre weiter Arbeit jedoch alles Gute.

Mit den besten Grüßen aus Düsseldorf

Es gibt keine gesetzlich geregelte Langzeitarchivierung für Fernsehausstrahlungen. Weder bei den Sendern, noch bei den Landesmedienanstalten. Bedauernswert ist, dass Aufzeichnungen nur für drei Monate vorgehalten werden müssen. Offensichtlich gibt es schon eine Vorstufe für ein Archiv, die nur verlängert werden müsste – mit all den zu erwartenden Komplikationen.

Der Hinweis auf das Fernseharchiv der Deutschen Kinemathek Berlin ist wichtig. Es handelt sich um eines der wenigen TV-Archive im deutschsprachigen Raum. Das Angebot ist marginal, reicht jedoch bis in die 1970er Jahre zurück. Es finden sich sogar Aufzeichnungen einiger RTLplus-Sendungen – jedoch nicht die von mir gesuchte. Ein solch kuratiertes Archiv kann ein umfangreiches Archiv nicht ersetzen, ermöglicht aber immerhin das stichprobenartige Betrachten historischer kultureller Artefakte. Ich werde demnächst dort vorbeischauen und berichten.

p.s.: Ich bleibe dabei: Wir brauchen eine Deutsche Nationalmediathek.

Filed Under: Archiv, Berlin, Kritik, Kultur, Kulturgeschichte, Medien, Mediengeschichte, Medientheorie, TV

Trackbacks

  1. Museum für Kommunikation Frankfurt hat 45.000 Bänder RTL-Archiv – zeigt sie aber nicht gern | Leitmedium sagt:
    17. August 2012 um 11:53

    […] 1984 hat mir die RTL-Pressestelle mitgeteilt, dass das eigene Archiv nicht öffentlich sei und die Landesmedienanstalt NRW, dass sie kein Archiv führe. Man sehe sich als privater Sender weder verpflichtet noch in der Lage, eine Öffnung für […]