In der FAZ wird die WikiLeaks-Veröffentlichung zum Afghanistan-Krieg etwas genauer betrachtet und die Rolle von Zahlen im weitestens Sinne bei der Planung und Durchführung von Kriegseinsetzen betrachtet. Interessant im Zusammenhang mit ist der mittlerweile kanonisch gewordene Film „War Games“, der den Rahmen für den Artikel bildet:
Im Jahre 1983 brachte der amerikanische Film „War Games“ die Macht der Algorithmen über das Schicksal der Menschheit ins öffentliche Bewusstsein. Ein Computer, „War Operation Plan Response“ (WOPR) genannt, löst auf Basis von Modellen und Simulationen beinahe einen Atomkrieg aus. Das reale Vorbild von WOPR war ein geheimes Computersystem, das im Ernstfall den sogenannten Single Integrated Operational Plan ausführen sollte, den auf der Basis von Spieltheorie-Berechnungen erstellten nuklearen Einsatzplan der amerikanischen Streitkräfte.
[…]
Der Film „War Games“ endet damit, dass der Computer WOPR erkennt, dass es keine Möglichkeit gibt, in einem nuklearen Konflikt zu siegen. Ob ein Krieg zu gewinnen ist, bei dem der Gegner nur lange genug durchhalten muss, bis die westlichen Truppen entnervt aufgeben und abziehen, ist ähnlich fraglich. Die Ansichten der Operations-Research-Spezialisten dazu lassen sich aus den Wikileaks-Dokumenten nicht direkt ersehen. Da ORSA in bester Wernher-von-Braun-Tradition nicht selbst Ziele definiert, sondern nur den Weg zum Erreichen der Vorgaben sucht und optimiert, bleibt diese Frage wohl der Politik vorbehalten.
Quelle: FAZ
Der Hinweis auf „WOPR“ ist an dieser Stelle mehr als nur stilistisches Element, denn
Entstanden ist er [der Artikel] in Rekordgeschwindigkeit, nachdem mir bei der Suche nach Interessantem in den jüngst veröffentlichten Wikileaks-Dokumenten zu Afghanistan eine Abkürzung aufgefallen war – “J3 ORSA”. ORSA steht für “Operations Research Systems Analysis”, J3 für die Abteilung Operations beim Generalstab der US-Streitkräfte.
Quelle: frank.geekheim.de
wie der Auto des Artikels, Frank Rieger, in seinem Blog zusätzlich kommentiert. Frank Rieger ist übrigens Mitglied im Chaos Computer Club.
Doch zurück zum Thema: War Games. In seiner Vorlesung „Der gute Film“ führte Lorenz Engell an der Bauhaus-Universität Weimar eine Definition eines guten Films an, die in meiner Interpretation neu, aber hilfreich war und ist: Ein „guter“ Film ist weniger Frage des (persönlichen) Geschmacks, als vielmehr eine, inwiefern dieser Film paradigmatisch ein Genre zuspitzt und archetypisch das Genre definiert oder subsummiert. Diese zugegeben etwas bodenständige Zusammenfassung einer hervorragenden Vorlesungs-Reihe ist in ihrer Knappheit hilfreich bei der Betrachtung von Filmen. Etwas genauer steht es im Vorlesungsskript:
Ein guter Film ist dort …
- definitiver Ausdruck einer Zeitlage;
- erheblicher Einfluß auf spätere Filme;
- ästhetische Dichte, in der Erzählung, thematische Struktur und Bildgebung ineinandergreifen und miteinander interagieren;
- paradigmatisches Kristallbild.
Quelle: uni-weimar.de
„War Games“ ist in dieser Hinsicht nicht nur Genre-bestimmend, sondern beinah selbst diskursives Ereignis. Bis heute ist „The only winning move is not to play“ sprichwörtlich geworden und der Science-Fiction-Charakter der Story ist längst tradiert.
Es lässt sich anmerken, dass die etwas peinlich berührende Fortsetzung „War Games 2 – The dead code“ zwar vollständige Missachtung verdient, thematisch aber noch näher an den Afghanistan-Dokumenten steht, da hier der Kalte Krieg der 80er der Dauerbrenner Terrorismus-Bekämpfung der Nuller-Jahre wich.