Leitmedium

Es gibt kein analoges Leben im digitalen.

Caspar C. Mierau arbeitet als technischer Berater und denkt als Medienwissenschaftler, der zur Computergeschichte promoviert, über die Geschichte und Gegenwart von Technologie nach. Er schreibt und podcastet an der Schnittstelle von Praxis und Theorie, Technik und Kultur. Notiert kurze Gedanken auf Mastodon. Hat "Leitmedium" ganz offiziell als Künstlername im Ausweis stehen.

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Termin: Gespräch zur medialen Situation des Intellektuellen – am 7. Juni 2010

27. Mai 2010 by leitmedium

Am 7. Juni 2010 veranstaltet das IKKM Weimar, mit dem ich mich nicht zuletzt durch mein Studium in Weimar und meine anstehende Dissertation verbunden fühle, erfreulicher Weise in Berlin eine Podiumsdiskussion zur “medialen Situation des Intellektuellen”. Aus der Ankündigung:

Mehr noch als Vergangenheit und Zukunft ist die Gegenwart ein Medienprodukt. Daher trägt jede Gegenwart eine unhintergehbare Signatur durch Medien. Um diese Signatur entziffern zu können, ist eine Gegenwartsdiagnose nötig, die sich weder dem Zeitgeist ausliefert, noch zur epochalen Deutung verkommt. Die Situation des Intellektuellen wird daher nur in der Diskussion um seine Zeitgenossenschaft bestimmbar. Zeitgenossenschaft ist die klassische Bestimmung des Intellektuellen, denn Zeitgenosse ist nicht nur, wer mit anderen gleichzeitig lebt, sondern – so sagt es bereits das Grimmsche Wörterbuch – wer mit seiner Zeit synchron ist. Ein Denken, das an der Zeit ist, muss nicht nur von heute sein, sondern Begriffe und Interventionen etablieren, die Gleichzeitigkeit und Vergleichbarkeit allererst herstellen.

Eine prestigeträchtige Figur, die solche Eingriffe virtuos beherrscht, ist der Medienintellektuelle. Die Massenmedien sind zugleich Quelle und Kanal seiner Autorität, ihnen verdankt er eine flüchtige Reputation, die ständig neue Themen und Diagnosen generieren muss. Hier soll jedoch kein tagesaktueller Eingriff, sondern ein anderer Zugriff erprobt werden, der sich von der Orientierung an den Massenmedien entfernt und stattdessen die Medien und Techniken der Kultur am Denken der Gegenwart teilhaben lässt.

Inwiefern also nicht ein publizistischer, sondern ein kulturwissenschaftlicher Begriff der Medien für die geistige Situation der Zeit zentral und ob Medienwissenschaft, auch und gerade wenn sie historisch denkt, auf der Höhe ihrer Zeit ist, darüber diskutieren mit dem Moderator Wolfgang Hagen drei informierte Zeitgenossen: Hans Ulrich Gumbrecht, Bernhard Siegert und Siegfried Zielinski. Im Verlauf des Abends wird das aktuelle Heft der neuen “Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung” (ZMK) vorgestellt, die den Diskussionen und Diagnosen der Medienwissenschaft, ein internationales Forum bietet.

Die Veranstaltung findet im HAU 2 (Hebbel am Ufer 2) ab 20 Uhr statt. Ich werde voraussichtlich gegen 21:30 erst vor Ort sein.

Der Intellektuelle im Internet wurde nichtzuletzt 2009 von der Zeit mit einem recht scharfen Artikel thematisiert. Dort heißt es zumindest:

So untüchtig er scheint – er wird nicht aussterben. Der Intellektuelle wird untertauchen wie der Taucher in die Tiefe, er wird Internetrandzonen bewohnen, Foren, die nur von seinesgleichen aufgesucht werden. Wie ja auch die Bullenzüchter der Welt sich heute in geschlossenen Zirkeln austauschen oder die Hebammen über ihr Wirken. Jedoch als der, der er bislang war, Störenfried des Konsenses, Vermittler von Wissensbeständen, Korrektiv des Staats, wird er verschwinden. Seine Spur ist eine, die bald schon Wellen glätten.

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  • Dokumentarfilm “Hacker” ab 18. November in den Kinos
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