Die Telepolis weist in einem Artikel auf die empirische Diplomarbeit “Jugend und Kommunikationselektronik – eine empirische Untersuchung der Kaufmotive der Eltern” von Claudia Wallner an der Wirtschaftsuniversität Wien hin. Wallner hat in ihrer Studie die Frage gestellt: “Welche Motive verfolgen Eltern bei der Ausstattung ihrer Kinder
mit Kommunikations- und Unterhaltungselektronik?“. Die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit:
- Eltern reagieren nicht auf das Drängen der Kinder, sondern sind von sich aus der Meinung, wie andere Eltern Elektronik bereitstellen zu müssen.
- Das Vermitteln von Medienkompetenz spielt nach wie vor keine Rolle – Eltern schenken zwar Elektronik, stehen der tatsächlichen Nutzung aber eher mit Desinteresse gegenüber.
- Technische Medien werden oft als zeitschaffender Faktor für Eltern gesehen – sie bringen Ruhe, da das Kind beschäftigt ist.
- Weniger Einkommen bedeutet nicht weniger Technik, im Gegenteil: Einkommens- und bildungsschwache Haushalte besitzen überdurchschnittlich viel Unterhaltungstechnik.
- Über je mehr elektronische Unterhaltungsgeräte Kinder verfügen, desto schlechter sind durchschnittlich die schulischen Leistungen.
Nur weil Telepolis etwas veröffentlich muss es nicht richtig sein. Insbesondere die erste und fünfte Erkenntnis halte ich für sehr fragwürdig, insbesondere was ihre empirische Allgemeingültigkeit betrifft. Allein für die fünfte Aussage kenne ich mindestens ein halbes Dutzend Fachveröffentlichungen in renommierten Wissenschaftsjournalen, die genau das Gegenteil aussagen. Fragt sich natürlich, wer mehr Kompetenz aufweist…
Vielleicht kannst du mir schnell die Wissenschaftliche Auffassung dieser Diplomarbeit wiedergeben, d.h. aus welcher wissenschaftstheoretischen Perspektive heraus wurde dies Arbeit angefertigt? Welche Bereiche wurden angeschaut, wer genau war das Untersuchungsobjekt. Die Eltern? Der Haushalt? Oder nur die Kinder?
Schönes WE!
Dass die Telepolis an dieser Stelle nicht als Qualitätsgarant dienen soll, ist natürlich zugestanden. Über den Hintergrund der Arbeit erfährt man recht schnell etwas durch einen Zugriff auf die PDF. Da es sich um eine Arbeit an der “Wirtschaftsuniversität Wien” handelt, kann man sich ungefähr ausrechen, was der wissenschaftliche Hintergrund ist. Ich habe vor allem die Einleitung der Arbeit überflogen und nehme die Thesen erst einmal als solche hin. Ich will die Arbeit jetzt auch nicht verteidigen, kann aber auf Seite 50f verweisen, auf der einige Quellen angegeben sind, aber auch der Hinweis, dass noch bestimmte Unklarheiten bestehen.
Tja, leider erfährt man recht wenig durch den Zugriff auf das PDF. Viele angerissen und vieles miteinander kunterbunt vermischt. Kurz: Die Arbeit ist als sehr begrenzt aussagekräftig einzustufen.
Allein die Tatsache, dass gerade mal 30 Personen (!) befragt wurden und die noch alle aus der gleichen Region stammen, macht die Verfföntlichung von Ergbnissen sehr fragwürdig. Zumal die Autorin dieser Arbeit dann noch anfängt, aus diesen 30 Personen Unterkategorien zu bilden (einkommensstarke vs. einkommensschwache, etc.). Das soll die Fleiß-Leistung dieser Arbeit nicht schmälern, steckt mit Sicherheit eine Menge Arbeit drin. Aber daraus Erkenntnisse abzuleiten ist ein Witz, zumal diese nicht wirklich neu sind. Wie schon erwähnt gibt es zu dieser Thematik mehrere Arbeiten, die aufgrund einer größeren Datenbasis und sauberen Vorgehensweise als valider einzustufen sind, aber ganz andere Ergebnisse hervorbringen. Es gibt sowas wie situative Kontextfaktoren, die ich in der Arbeit von Wallner gänzlich vermisse.
Noch was zum wissenschaftlichen Hintergrund: Das die Arbeit der “WU Wien” geschrieben wurden ist sagt mir erstmal gar nichts über den Hintergrund. Es geht im Kern um die Theorie, die hinter der Arbeit steckt. Es ist eine verhaltenswissenschaftliche Arbeit? Scheint so, auch wenn Frau Wallner das nirgends schreibt. Welche Forschungsrichtung ist eingeschlagen wurden: Behaviorismus, Neobehaviorismus, kognitive Forschungsansätze? Beim drüberfliegen habe ich mehrere unterschiedliche Ansätze lesen können, womit die Qualität der Arbeit eindeutig abgestuft werden kann, weil keine klare Forschungslinie erkennbar. Der kritische Rationalismus von Popper lässt grüßen.
Um es kurz zu fassen: Wenn du schon als “Leitmedium” wissenschaftliche Arbeiten präsentierst, dann bitte das nächste mal draufachten, ob es irgendwelche wissenschaftlichen Qualitätansprüchen genügt (hier: eher nein) und die Aussagen damit verallgemeinbar sind (hier: nein, es sei denn man begrenzt die Aussagekraft auf den Ort der Durchführung, also irgendwo in der Steiermark). Ansonsten einfach die Finger davon lassen bzw. sich nur auf populärwissenschaftliche Arbeiten berufen.