Regelmäßig rege ich mich auf: Ich stoße auf einen Artikel im Netz, lese ihn, ärgere mich maßlos, lasse mich vielleicht noch dazu hinreißen, darüber zu twittern und bedauere letztlich die verschenkte Zeit.
Die virtuellen Plätze dieser Aufregung verdichten sich auf bestimmte Orte: Artikel auf faz.net haben ein hohes Ärger-Potential, wie auch Beiträge der rechtskonservativen welt.de. So entstand gemeinsam mit Jürgen @tante Geuter die Idee, ein Browser-Plugin zu entwickeln, dem man eine persönliche Liste von URL-Pattern geben kann, vor deren Lesen man sich warnen lassen möchte.
@tante hat das „You Should Know Better“-Chrome-Plugin zügig implementiert (Danke!). Das Paradigma des Plugins ist dabei weder Informations-Unterdrückung (es warnt), noch das Liefern redaktionell gepflegter vordefinierter Filterlisten(die gibt es nicht). Es ist schlicht eine Beispiel-Implementation meiner Interpretation von Filtersouveränität: Du hast aus Versehen auf einen Link zu Fefes Blog geklickt? Das wolltest Du doch nicht – ich erinnere Dich hiermit daran. Ein ein Code gegossenes sich ruhig auf die Schulter fassen und „nein“ sagen.
Wir mussten feststellen, dass das Warnen vor ganzen Online-Auftritten wie faz.net oder welt.de natürlich etwas am Ziel vorbeischießt. Persönlich sind mir zum Beispiel die Artikel im Wirtschaftsteil der FAZ in letzter Zeit als Gegengewicht zum (paranoid freidrehenden Maschinenstürmer-)FAZ-Feuilleton positiv aufgefallen. Doch auch dort gibt es immer wieder Lichtblicke, die ich nicht missen möchte. Letztlich geht es also nicht um grobschlächtige Domain-/URL-Filter, sondern um Autoren-basierte Filter. @tante hat den Vorschlag aufgegriffen und es ist nun auch möglich, gezielt vor einzelnen Autoren zu warnen.
Es funktioniert noch nicht überall, aber der Weg ist geebnet… Mein Leben ist jetzt ein bisschen besser. Keine wirren Mühlbauer-Artikel mehr in der Telepolis, kein Schirrmacher mehr auf faz.net (und seit gestern auch kein Sascha Lobo mehr).
Die Reaktionen auf das Plugin reichen von „Danke“ bis zu Zensurvorwürfen und Verweisen auf die gern bemühte Filterblase. Zum Zensur-Vorwurf ist eigentlich nicht viel zu sagen außer:
Denn: Zensur ist per Definition etwas anderes. Abgesehen davon, liefert das Plugin keine vorgefertigten Filterlisten, sondern ermöglicht nur das persönliche Pflegen einer Liste. Das ist eben Filtersouveränität und nicht Zensur. (Und letztlich Abonnieren wir ja sogar auch gern Filterlisten für Adblock Plus, oder?)
Auch dem Vorwurf der Filterblase ist nicht viel abzugewinnen. Es gibt keine Vorschrift, die besagt, man müsse jeden textuellen Erguss über sich ergehen lassen. Meinungsfreiheit heißt eben nicht, dass man lesen muss, was jeder schreibt. Natürlich liest man bevorzugt bestimmte Texte und legt andere Texte beiseite. Ich achte persönlich meistens zu spät auf den Namen des Autors und halte diesen für ein probates Mittel zur Vorauswahl. Mir persönlich geht es auch nicht um Meinungen, die ich nicht akzeptiere, sondern Schreibweisen, die ich nicht ertrage – inhaltlich und psychisch.
Die Entwicklung am Plugin wird noch weitergehen. Geplant ist zum Beispiel eine einfachere Erfassung von Autoren-Namen, verbesserte Erkennungsrate und optische Politur. Feature-Requests und Fehlermeldungen, sowie Pull-Requests werden gern entgegengenommen.
Gute Idee. Hätte da auch ein paar Kandidaten.
Kunsumiere – in diesem Kontext leider – Kontent primär mit dem iPad, sodass mir solche Hilfsmittel nicht Verfügung stehen.
Die kommentierte Namensliste im Screenshot der Einstellungen hat mir eben den Abend gerettet! 😀
Wird es das jemals als Mozilla-Addon geben?
(Als Userscript oder) Firefox-Erweiterung wäre klasse. 🙂
Als Erweiterung in der 2.0-Version stelle ich mir vor, dass sich optional bei der Lektüre die Kamera anschalten lässt, die dann im Falle wiederholten Facepalms die betreffende Autorin, den betreffenden Autor automatisch der PlugIn-Liste zuführt. 😀